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Bin ich krank?

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Der Wunsch Kleidung des anderen Geschlechtes zu tragen oder ihm ganz anzugehören wird von den Medizinern als Krankheit kategorisiert, als psychische Krankheit. Aber bin ich tatsächlich krank?

Nach dem ICD-10 (International Classification of Diseases and Related Health Problems der Weltgesundheitsorganisation) bin ich krank! Wahrscheinlich F 64.1 vielleicht aber auch F 65.1 oder F64.0 (siehe die deutsche Version) In trauter Nähe, innerhalb dieser Gruppe mit dem Namen „Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen“ finden sich die Pyromanen, Kleptomanen, Pädophilen, paranoide und schizoide Persönlichkeitsstörungen aber auch Persönlichkeitsstörungen bei Folteropfern und ehemaligen Geiseln.

Die Einstufung als Krankheit hat ihre guten Seiten, zweifellos, denn das ermöglicht mir, bei Bedarf auf Kosten meiner Krankenversicherung professionelle ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich habe Zugang zu Psychotherapie und Hormonpräparaten, wenn es sein muss. Andererseits finde ich die Einstufung meiner Besonderheit als psychische Krankheit als … ähh ja: kränkend. Denn als psychisch krank eingeschätzt zu werden bedeutet zugleich die Behauptung, dass mit mir irgendetwas falsch sei. Und eben das würde ich für mich bestreiten. Dieser genetische Mann, der es für sein seelisches Gleichgewicht braucht in gewissem Umfang Jula zu sein, ist nicht falsch, sondern gar nicht anders möglich.

Doch halt! Ich komme schon zu Behauptungen, wo ich doch eigentlich besser argumentieren und beschreiben sollte. Allerdings möchte ich gleich darauf hinweisen, dass ich nur von mir und meinen Erfahrungen spreche und keinerlei Wahrheits- oder Allgemeingültigkeitsanspruch erhebe. Es gibt hier viele Empfindlichkeiten, die ich leicht verletzen kann, auch wenn das gar nicht meine Absicht ist.

Vielen Crossdresser (und auch mir) fällt es sehr schwer, sich selbstbewusst dazu zu bekennen, dass sie „dieses Bedürfnis“ haben. Oder vielleicht besser: dass dieser Drang zur Weiblichkeit, sie im Griff hat. Es ist nicht leicht sich einzugestehen, dass ich etwas ausgeliefert bin, von dem ich nicht mal weiß, warum ich so bin, während doch so viele Menschen an dieser Stelle offensichtlich keinerlei Probleme mit sich selbst haben.

Wie bereits erwähnt, ich und andere Crossdresser, Transsexuelle, Transidenten oder wie immer wir uns nennen, haben uns nicht ausgesucht, dieses Bedürfnis zu haben. Es ist da und es prägt unser Leben. Insofern meine ich, es ist legitim den Vergleich mit Krankheiten zu ziehen, selbst wenn ich mich nicht „krank“ fühle.

Der Vergleich mit (anderen?) Krankheiten bringt mir zumindest ein wenig mehr Klarheit darüber, wie ich denn eigentlich bin und hilft eventuell auch dir dich selbst oder deinen Partner besser zu verstehen.

1. Crossdressing ist kein Hobby

Ab und an lese ich in Foren den Vergleich mit einem Hobby. Die Schreiber/innen wollen damit die Harmlosigkeit und Üblichkeit des Crossdressing betonen und es aus der sexuellen Schmuddel- und Skandalecke herausholen.

Die Formulierungen lauten etwa: „Es gibt Leute, die haben ein Westernhobby und verkleiden sich in ihrer Freizeit als Indianer oder Cowboys. Und ich verkleide mich halt als Frau!“

Die Absicht zu vermitteln, dass „es“ doch nicht so schlimm sei, ist lobenswert. Die Aussage „es ist doch bloß wie ein Hobby“ klingt bemerkenswert logisch und beruhigend, aber leider hinkt der Vergleich massiv.

Die leidenschaftlichen Cowboys, Volleyballerinnen, Modelleisenbahner würden jederzeit behaupten, dass ihr Leben seinen Sinn verlieren würde, wenn sie ihrer Leidenschaft nicht mehr nachgehen könnten. Doch das stimmt nicht. Die Zahl der Menschen, die sich das Leben nehmen, weil sie aus gesundheitlichen Gründen ihren Lieblingssport nicht mehr ausüben können, geht gegen Null. Diese Leidenschaften, so intensiv sie auch sein mögen und so wenig die von ihnen getriebenen das für sich selbst realisieren, sind austauschbar. Wenn es hart auf hart kommt, dann orientiert man sich neu und kann auch mit einem neuen Hobby wieder glücklich werden.

Das ist bei Crossdressern anders. Das Verlangen ist nicht substituierbar. Ich kann es nicht durch eine andere ebenso ausfüllende Leidenschaft ersetzen. Auch wenn das Schicksal mir in Zukunft ein narbenüberzogenes Gesicht, ein amputiertes Bein oder eine Querschnittslähmung beschert, die Sehnsucht wird mir bleiben und ich werde mir Wege überlegen müssen, wie ich sie stillen kann, auch wenn ich nicht mehr als Frau in die Öffentlichkeit kann.

Eine liebe Freundin z.B., die sich entschlossen hat nicht mehr äußerlich als Frau zu erscheinen und deren Aktionsradius im wesentlichen auf das eigene Haus begrenzt ist, hat für sich andere Wege gefunden, ihre Weiblichkeit zu leben. Viele andere, die ihre innere Frau nicht leben können, begegnen uns im Netz oder schreiben Geschichten in denen sie die Frau sein können, die ihnen die Realität vorenthält. Was auch immer sie tun, immer bleibt das Denken auf diesen einen Punkt fixiert: Wie kann ich meine weibliche Seite Leben?

Nein, Crossdressing ist kein Hobby.

2. Ist Crossdressing eine Sucht?

Was ich beschrieben habe um zu erläutern, dass Crossdressing kein Hobby ist, klingt viel mehr nach etwas ganz anderem. Es klingt nach einer Sucht (ICD-10 Gruppe F10 – F 19).

Die Ausrichtung auf eine Thematik, die Abhängigkeit von einer Sache, die rauschhaften Glückszustände, die Depressionen, wenn keine Erfüllung der Bedürfnisse möglich ist. Das alles deutet in diese Richtung.

2.1 Sucht theoretisch

Was ist überhaupt eine Sucht?

Ich zitiere Wikipedia: Sucht bezeichnet das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden nach Verständnis der Weltgesundheitsorganisation die Kräfte des Verstandes untergeordnet. Es beeinträchtigt die freie Entfaltung einer Persönlichkeit und zerstört die sozialen Bindungen und die sozialen Chancen eines Individuums. Den sogenannten stoffgebundenen Süchten (z. B. der körperlichen Alkohol-, Nikotin-, Heroinsucht sowie der psychischen Cannabis- und Kokainsucht) kommt dabei eine repräsentative Bedeutung zu. Sie veranschaulichen in drastischer, aber zugleich auch einschränkender Weise eine Erscheinung, der man auf fast allen Gebieten des menschlichen Erlebens und Verhaltens begegnen kann. Ob Arbeiten, Sammeln, Machtstreben, Kaufen, Spielen oder Sexualität – fast jede Form menschlichen Interesses kann zu einer Suchterkrankung führen.
Die Suchthandlung zielt in der Regel auf Verbesserung des gegenwärtigen Erlebniszustands ab. Die Einnahme eines Stoffs ist hierfür nur eine Möglichkeit von vielen.

Der Süchtige nimmt gezielt Einfluss auf sein seelisches Erleben. Er tut dies aber nicht durch adäquates und realitätsgerechtes Handeln vom Standpunkt der Gesellschaft betrachtet, das häufig aus vielen Einzelschritten besteht, sondern durch den Vollzug der süchtigen Handlung. Das daraus resultierende Positiverleben soll das unmittelbare Ergebnis dieser Manipulation sein.

Freiheitsverlust und Freiheitsverzicht können weitere Merkmale süchtiger Entwicklungen sein. Der Verlust an Freiheit beginnt zunächst als ein Verlust der Freiheit des Denkens. Ist die Durchführung der süchtigen Handlung durch materielle, geistige oder andere Umstände unmöglich gemacht, wird das Denken des Süchtigen eingeengt auf die Befriedigung der Sucht.

Vielleicht würden sogar viele Ehefrauen von Crossdressern spontan den Text abnicken und sagen „Ja, das beschreibt das Verhalten meines Mannes recht gut“. Doch schauen wir genauer hin, ob die Brücke wirklich trägt und der Vergleich stimmig ist.

2.2 Parallelen zur Sucht

Als Ausgangspunkt einer genaueren Betrachtung nehme ich die Kriterien einer Sucht (wieder bei Wikipedia)

„Die wichtigsten Kriterien einer stoffgebundenen Sucht sind (wobei nicht alle Kriterien auf jeden zutreffen müssen):

  • Dosis- bzw. Toleranzsteigerung (es wird langsam aber sicher immer mehr), geht oft einher mit einem Wirkungsverlust (man wird nicht mehr betrunken)
  • Kontrollverlust (es gelingt nicht mehr, willentlich die Menge des Suchtmittels zu begrenzen)
  • Entzugserscheinungen (es treten körperliche Symptome, z.B. Zittern, auf, wenn der Zugang zum Suchtmittel unterbrochen ist)
  • Aufgabe der persönlichen Entwicklung durch z.B. chemische Substanzen, welche die Wahrnehmung der eigenen Person so verändern, dass die notwendige Unzufriedenheit (natürliches Streben nach Höherem), welche unabdingbare Voraussetzung für menschliche Entwicklung ist, nicht vorhanden ist
  • Der Suchtmittelkonsum oder das süchtige Verhalten wird trotz sichtbarer negativen Folgen gesundheitlicher, sozialer und/oder finanzieller Art aufrechterhalten.

Angereichert mit den Merkmalen die ich bereits aufgeführt habe, ergibt sich eine schöne Liste zum abarbeiten.

2.2.1 Dosis- bzw. Toleranzsteigerung

2.2.1.1 Es wird immer mehr!

Meine Frau stellt es mit Beunruhigung fest und ich kann ihr leider nur mit Einschränkungen ( s. Mehr oder weniger widersprechen. Mit erweiterten Möglichkeiten habe ich tatsächlich auch mehr und deutlich geänderten „Bedarf“. (siehe Veränderungen Ob es sich aber wirklich um eine fortschreitende Entwicklung handelt, oder ob das alles immer schon so in mir war und die verschiedenen Wünsche sich erst mit der Möglichkeit ihrer Verwirklichung konkretisieren, das kann ich leider nicht mit Bestimmtheit sagen.

Vieles, was ich heute tue bzw. schon mal getan habe (z.B. eine mehrtägige Reise komplett als Frau) war für mich noch vor einigen Jahren so weit jenseits meiner Realität, dass ich es mir gar nicht wünschen konnte. Hätte ich gewusst, dass es mir überhaupt möglich ist, hätte ich es mir wohl schon damals gewünscht.

Insofern vermute ich, dass das, was wie eine Dosis- oder Toleranzsteigerung aussieht, in Wirklichkeit nur ein persönliches Entdecken von Wünschen ist, die schon immer da waren, die man aber nicht zu denken wagte. doch ganz sicher bin ich mit nicht.

2.2.1.2 Werden alle Crossdresser zu Transsexuellen?

Das ist ein kritischer Punkt. Es gibt Stimmen von bedeutenden Sexualwissenschaftlern, die von einer ständigen Steigerung der Intensität ausgehen. die Folge wäre, dass jeder DWT sich irgendwann als TS versteht.

Unterschiedlich wäre demnach nur das Tempo des fortschreitenden Prozesses. Während die einen im Sauseschritt die Phasen zwischen dem entdecken weiblicher Bedürfnisse und dem Leben als postoperative TS durcheilen, machen die anderen Trippelschritte, teilweise im Stil der Echternacher Springprozession 3 vor und 2 zurück.

In Internetcommunities erlebe ich die CD eher als die konstante Gruppe. Während TS (die sich häufig selbst zu Anfang für CD halten) auftauchen, 1- 2 Jahre bleiben, immer ernster in ihren Themen werden, dann plötzlich verschwinden, wieder für 3-4 Monate auftauchen um dann meist für immer wegzubleiben, ändert sich bei den CD häufig nicht viel außer ihrem Kleidergeschmack. Vielleicht ist es überinterpretiert, wenn ich aus meinen mehrjährigen und auf zufälligen Eindrücken beruhenden Erfahrungen schließe, dass CDs nicht zwangsläufig zu TS werden, ebenso wie nicht alle TS sich irgendwann mal als CD verstanden haben. Doch ich bin mir sicher genug, um es hier zu behaupten.

Ich habe akzeptiert, dass ich eventuell tatsächlich „steigende Dosen“ brauche um meine Bedürfnisse zu stillen. Wobei es sehr vielfältig ist, was dieses „Mehr“ denn gerade ausmacht. Es ist nicht unbedingt mehr Zeit als Frau oder mehr weibliche Kleidung. Höhere Absätze oder kürzere Röcke sind es schon gar nicht. Aber ich könnte niemals zu den Zeiten zurück, wo ich mich das heimliche Tragen einer Feinstrumpfhose schon glücklich machte.

2.2.2 Verbesserung des Erlebniszustandes

Das ist der Punkt, den zu bejahen mir am leichtesten fällt, weil es für mich so selbstverständlich ist.

Ich kann nun mal nicht anders. Wenn ich mir nicht wünschen würde in bestimmtem Maße weiblich zu sein oder zu erscheinen, dann wäre ich nicht ich sondern eine andere Person. Ohne Crossdressing, ohne weibliche Kleidung geht es mir schlecht. Zeiten, die ich als Frau verbringen kann, machen mich glücklich.

2.2.3 Beibehalten trotz sozialer Nebenfolgen

Ich habe Glück. In Deutschland ist nicht verboten was ich tue und ich kann nicht mal von sozialen Restriktionen berichten. Doch andere – auch hier in Deutschland – wissen ein Lied davon zu singen Andererseits bin ich mir sicher: selbst wenn strafbar wäre, was ich tue, meine Bedürfnisse wären nicht anders. Vielleicht würde ich versuchen, sie so gut es geht zu unterdrücken oder ich würde in ein Land auswandern, wo ich unbeschwerter leben könnte. Doch falls das nicht möglich wäre bzw. ich den psychischen Druck nicht mehr aushielte, dann würde ich die Konsequenzen riskieren und ertragen müssen.

Damit ist die Antwort schon gegeben, doch ich möchte der Frage, was für Crossdresser konkret mit „sozialen Nebenfolgen“ gemeint ist, noch ein wenig nachspüren. Denn Fakt ist, dass die Art wie ich und andere mit unserer Besonderheit umgehen sehr stark von unseren sozialen Beziehungen geprägt ist und diese auch umgekehrt beeinflusst. Und da möchte ich grob differenzieren.

2.2.3.1 Die „Gesellschaft“

Das ist der Bereich, den ich lange Zeit gefürchtet habe. Von der Seite der mir ferner stehenden Menschen, Bekannten und Unbekannten, hatte ich Unverständnis bzw. sogar soziale Repressionen befürchtet.

Hier habe ich jedoch nur „Fehlanzeige“ zu melden. Ich habe mich als Frau den kritischen Blicken Fremder ebenso ausgesetzt, wie ich mich lieben Freunden, die bloß den Mann kannten, als CD geoutet habe. Und abgesehen von Besoffenen und Kids, also praktisch uneingeschränkt bin ich immer auf Akzeptanz gestoßen. Eigentlich ist es so, dass ich zu den Menschen, denen ich mich mit meiner Besonderheit offenbart habe, sogar eine tiefere Freundschaft geschlossen habe. Sie waren mir näher, nachdem ich mich ihnen geöffnet hatte, denn sie konnten mich nun besser verstehen und ich konnte mich ihnen gegenüber unbefangener verhalten.

Da ich keinerlei schlechte Erfahrungen mit der Gesellschaft gemacht habe, kann also auch nicht davon berichten, dass ich mein Verhalten durch deren Einfluss unverändert blieb. Vielleicht ist eher das Gegenteil der Fall. Weil ich praktisch ausnahmslos positive Erfahrungen gemacht habe, ist meine Bereitschaft, mich in der Öffentlichkeit als Frau zu bewegen eher gewachsen.

2.2.3. Das engere Umfeld

In Partnerschaft und Familie liegen die wahren Belastungen und aus diesem Bereich kommen auch die härtesten „Nebenfolgen“.

Insbesondere Partnerinnen fällt es nachvollziehbarerweise sehr schwer zu akzeptieren, dass ihr geliebter Mann eine sehr weibliche Seite hat. Viele Fragen, auch zur eigenen Weiblichkeit und Sexualität stellen sich und sind nicht einfach zu beantworten.

Sie befürchtet, dass ich eines Tages aufhöre ihr ein Mann zu sein, dass ich „es“ aller Welt erzähle und wir dadurch zum Gespött der Nachbarn werden, dass unser Sohn in seiner Persönlichkeitsentwicklung oder in seiner Beziehung zu mir Schaden nimmt, wenn er davon erfährt usw. usf. Sie hat viele Befürchtungen die ich nicht wirksam entkräften kann auch wenn ich sie nicht teile.

Auch wenn ich für mich durch ausprobieren gelernt habe, dass ich von der Gesellschaft bzw. anderen Leuten wegen meiner Neigung nichts zu befürchten habe, heißt das noch lange nicht, dass meine Frau das ebenso sieht und weiß. Und je selbstverständlicher für mich diese Akzeptanz der Gesellschaft ist, umso unverständlicher und weniger nachvollziehbar sind dann für mich die einschränkenden Reaktionen meiner Frau. Außerdem kann ich ja nicht mal für mich selber erklären oder gar rechtfertigen, warum ich so unmännliche Bedürfnisse habe, noch viel weniger kann ich es anderen Menschen vermitteln. Da ist es kein Wunder, dass viele Partnerschaften es nicht überleben, wenn der Mann sich plötzlich zu seinem Frausein bekennt. Auch unsere Liebe wurde durch die Einbeziehung dieser Thematik auf eine Belastungsprobe gestellt.

… und in der Folge bekomme ich genau hier, die negativen sozialen Folgen zu spüren, die sich aus meiner Neigung ergeben. Meine Beziehung zu meiner Frau und meinem Sohn wäre sicherlich einfacher und reibungsärmer, wenn ich nicht so wäre, wie ich nun mal bin.

Restriktionen und Erwartungen an mich, ein bestimmtes Bild von Männlichkeit abzugeben: das Alles ist aus Liebe und Sorge geboren, doch es sind Einschränkungen, die negative Reaktionen auslösen. Entweder bei mir, wenn ich sie beachte, oder bei meiner Frau.

Tja, und obwohl ich meine Frau über alles liebe und ihre Bedenken hinsichtlich Kind, Nachbarn und Verwandten gut nachvollziehen kann, kann ich trotzdem nicht auf meine weiblichen Bedürfnisse verzichten und leide darunter, dass sie mir in meiner Selbstverwirklichung Grenzen setzt. Insofern stimmt es dann doch: ich behalte auch bei sozialem Druck mein Verhalten bei. Allerdings aus einem zumindest für mich plausiblen Grund. Weil ich nämlich gar nicht anders kann. Doch dazu später mehr (2.3)

2.2.4 Freiheitsverlust

Das hatte ich ja schon zugestanden. Ich bin nicht frei, ein normaler glücklicher Mann zu sein. Ich bin gefangen in meinen Bedürfnissen nach gelebter Weiblichkeit.

Soweit zu den Suchtmerkmalen, bei denen ich für mich Ähnlichkeiten zugeben würde. Anderes funktioniert weniger.

2.2.5 Entzugserscheinungen

Ich habe keinen Kater nach „Exzessen“, sondern eine tiefe Ausgeglichenheit. Dieses Gefühl lässt nach, je weiter meine letzte feminine „Dosis“ her ist, und um so schneller je größer der Stress ist, in dem ich stehe. Doch ich würde es eher „Unwohlsein bei Verzicht“ nennen. Es ist eine tiefgreifende Unzufriedenheit, die sich wie ein Schleier über mein Leben legt. Ich kann keine echte Freude mehr empfinden, werde gereizt und zynisch. Ich durchleide keinen Entzug, sondern erlebe ein Nachlassen des Wohlbefindens und eine sich steigernde Unzufriedenheit mit meiner Lebenssituation als Mann.

2.2.6 Aufgabe der persönlichen Entwicklung

Ganz im Gegenteil! Wohl nichts hat mich so geprägt und mich so gezwungen, meine Persönlichkeit für anderes zu öffnen als meine Besonderheit.
Sie hat mir zu Erfahrungen verholfen, auf die ich stolz bin. Ich war gezwungen, mein Leben zu hinterfragen, Neues zu lernen und mich zu entwickeln.
(siehe auch „Abenteuer“

2.2.7 Kontrollverlust

Auch wenn vielleicht manche (auch ich?) den Eindruck erwecken, sie lebten nur für ihr Crossdressing, so wissen wir doch immer, was wir tun. Ja, wir sind Getriebene, doch NEIN wir agieren, weil wir unser Glück suchen, nicht weil wir nicht anders können. Wir könnten es lassen, bloß wäre zumindest ich dann nicht mehr glücklich.

2.3 Der entscheidende Punkt

Einiges trifft also zu, anderes definitiv nicht. Das alles war ja recht gut und schön, aber schließlich erfüllen nicht alle Süchte alle Punkte der Liste.
Aber es gibt einen gravierenden Unterschied:
Süchte sind erworben und man kann sie wieder ablegen!

Es mag zwar hart und im individuellen Fall sogar unmöglich sein, die Strapazen eines Entzuges durchzustehen, doch es geht. Es gibt trockene Alkoholiker und Junkies die den Rest ihres Lebens clean bleiben. Solange sie „ihrer“ Droge fernbleiben, sind sie in Sicherheit.

Für uns Crossdresser gilt das nicht. Schon vom Anfang her nicht. Wir haben unser Bedürfnis nach Weiblichkeit nicht irgendwann bekommen. Es war schon immer in uns drin. vielleicht haben wir es lange nicht bemerkt (und noch länger niemanden merken lassen), aber da war es schon immer.

Crossdresser wird man nicht, man ist es! …und man bleibt es sein Leben lang.

Ein „Entzug“ oder eine „Heilung“ ist nicht möglich. In der Geschichte der Behandlung von Crossdressern ist schon so ziemlich alles ausprobiert worden, was die Medizin zwischen Therapiegesprächen, Medikamenten und Elektroschocks anzubieten hat. Das Ergebnis ist ernüchternd. Eine „gestörte Geschlechtsidentität“ ist nicht heilbar. Man kann bei besonders Betroffenen, durch geschlechtsangleichende Maßnahmen, das Leid beseitigen, doch das kann man nicht als Entzug bezeichnen. Im Gegenteil, es ist mehr so etwas wie ein lebenslanges Suchtdrogenabonnement (wenn ich den Suchtvergleich noch ein letztes Mal strapazieren darf).

Es gibt keinen Entzug. Spätestens an dieser Stelle kommt der Vergleich zu Fall.
Crossdressing ist keine Sucht.

3. Crossdressing als Therapie

Eventuell ist es aber genau anders herum. Dann ist mein Crossdressing nicht die Krankheit, sondern die Therapie, die ich benötige, um „normal“ leben zu können. Stellen wir uns vor, es gäbe eine Krankheit, die so ähnlich wie eine Stoffwechselerkrankung (ICD-10 Gruppe E00 – E90) ist.
Sie wäre eine psychische Parallele zu einem lebenswichtigen Enzym oder Hormon, das fehlt, nicht selbst produziert und deshalb immer wieder zugeführt werden muss.

3.1 Parallelen zu Diabetes

Als bekannten Vertreter für Stoffwechselerkrankungen nehme ich Diabetes mellitus (ICD-10 E10-E14). Das ist der Sammelbegriff für eine heterogene Störung des Stoffwechsels, deren Leitbefund eine Überzuckerung des Blutes ist. Ursache ist entweder ein Insulinmangel oder eine Insulinresistenz.

Ich will nicht in eine wissenschaftlich genaue Abbildung der Diabetes vornehmen, sondern nur eine deutliche Ähnlichkeit in den Wirkmechanismen darstellen. Danach wäre Crossdressing für mich, was für einen Diabetiker Insulin ist. Bloß erleide ich bei Unterversorgung (zunächst) nur emotionale Schäden.

3.2 Ansteigen des Blutzuckergehaltes

Wenn der Körper weniger Insulin selbst produziert als benötigt wird, um die Kohlehydrate im Körper abzubauen, steigt der Zuckergehalt des Blutes und führt zu organischen Schäden. Gesunden Menschen steht genügend Insulin zu Verfügung, während Diabetiker entweder durch eine entsprechende Diät, bei größeren Insulinbedarfen aber durch Tabletten und Spritzen ständig gegensteuern müssen.

Anders als anderen Menschen fehlt mir die Fähigkeit, als Mensch zufrieden zu sein, wenn ich nur meine naturgegebenen Möglichkeiten habe, also ausschließlich Mann bin. Ins Gleichgewicht komme ich nur, wenn ich mir in bestimmten Dosen „Weiblichkeit“ zuführe, weil sie mir fehlt. So wie der Diabetiker Bedarf an Insulin hat, so habe ich einen Bedarf an gefühlter Weiblichkeit. Und wie ein Diabetiker schnell an seinem Körper Schaden nimmt, wenn es ihm an Insulin fehlt, so nehme ich (deutlich langsamer) an meiner Seele Schaden, wenn ich nicht diesen psychischen Bedarf decke. Meine Seele vergiftet sich langsam selbst und ich werde nervös und unleidlich, bis ich endlich meinen Bedarf nach Weiblichkeit in mir stillen kann und mich wieder „richtig“ fühle.

Okay, ich bin nicht direkt an Leib und Leben gefährdet, wenn ich nicht mal Frau sein kann. Doch möchte ich zumindest darauf verweisen, dass die Selbstmordrate unter Transgendern erstaunlich hoch ist, was darauf schließen lässt, dass viele von ihnen verzweifelt und/oder depressiv sind. Ich bin nicht akut selbstmordgefährdet, aber wenn ich nicht genug Frau sein kann, dann geht es mir wirklich schlecht.

Tückisch ist, dass man mir meinen schlechten Zustand zwar eventuell anmerkt („Du brüllst immer gleich rum!“), jedoch der Zusammenhang zu meinen unerfüllten Bedürfnissen nicht klar ist bzw. das alles als nicht so schlimm eingestuft wird („Du kannst dich ruhig etwas zusammenreißen! Ich würde auch gerne mal mit meinen Freundinnen weggehen und flippe nicht aus, wenn ich es mal nicht schaffe!“)

Was für mich eine Aktivität ist, die mein Leben erst lebenswert macht, ist für Außenstehende ein Luxus, den ich mir gönne. Schon die typischen Symptome der Diabetes (Durst, Harndrang, Müdigkeit usw.) sind für Laien schwer mit einer Stoffwechselerkrankung in Verbindung zu bringen, doch mein innerer Juckreiz, diese Unzufriedenheit, die mir mein Leben vergällt, kann kaum jemand bemerken und mit welchem Defizit sie in Verbindung stehen ist fast unmöglich zu ahnen.

3.3 Kann man es nicht einfach ignorieren?

Hier handelt es sich um eine Parallele zu Stoffwechselerkrankungen, die in deutlichem Gegensatz zu der eben behandelten Suchtthematik steht.

Wenn ein Süchtiger seiner Suchtdroge auf Dauer fernbleibt, dann geht es ihm besser bzw. er bleibt gesund. Wenn ein Diabetiker nicht seiner Krankheit gemäß lebt und bei Bedarf zusätzlich Insulin zu sich nimmt, dann wird er zwar vielleicht nicht direkt sterben, doch sein Leben drastisch verkürzen. Neben den allgemeinen Symptomen der Überzuckerung (Hyperglykämie) werden sich massive Schädigungen einstellen. Insbesondere die Schädigungen der Blutgefäße führen zu Durchblutungsstörungen mit all ihren Folgen, insbes. Herzinfarkten. Körperliche Schäden haben Crossdresser, die ihre Bedürfnisse ignorieren (aus eigenem Antrieb oder weil ihre Partnerin es von ihnen fordert und sie aus Liebe zu ihr Selbstbeschränkung üben), kaum zu erleiden, doch sind auf Dauer massive Schäden an der Seele zu befürchten.

Mir selbst ist erst im nachhinein klar geworden, dass meine immer wieder auftretenden Depressionen, mein Sarkasmus gepaart mit Pessimismus und Übellaunigkeit gar nicht untrennbare Teile meines Wesens, sondern Auswirkungen meiner damals panisch geheim gehaltenen Neigung zum Crossdressing waren. Seit ich meine nun mal vorhandene, weibliche Seite besser ausleben kann und mich auch mit ihr anderen Menschen öffnen kann, bin ich ein optimistischerer Mensch geworden. Ich bin weniger aufbrausend und sarkastisch.

Ob sich die Unterdrückung des Crossdressing bei anderen genau so, ähnlich oder vielleicht ganz anders auswirkt, kann ich nicht behaupten, aber ich bin mir sicher: sie wirkt sich aus. Irgendwo muss der Druck, der sich im Inneren aufbaut, entladen. Durch ein Ventil, durch einen Riss oder vielleicht irgendwann durch eine Explosion, die alles zerreißt.

3.4 Die richtige Dosis

„Die richtige Insulindosis muss individuell gefunden werden.“

Was Wikipedia da zur richtigen Insulindosis schreibt gilt auch für das Crossdressing.

Die richtige Dosis und das richtige „Insulin“ muss jede/r für sich selbst finden.

3.4.1 Jede ist anders

Zunächst ist schon mal jede Trannie bzw. jeder Crossdresser anders. Was für den einen toll ist findet die andere uninteressant und was die eine vollkommen glücklich macht, würde dem anderen niemals ausreichen.

Wieviel allerdings sein darf oder muss lässt sich nun mal nicht extern festlegen.

Gerade die Versuche von Partnerinnen, durch Absprachen mit „ihrem“ Crossdresser, einen „vernünftigen“ Rahmen festzulegen, bei dem sie natürlich gerne von dem ausgehen, was für sie als erträglich erscheint, führen oft dazu dass diese Lösung für ihn dauerhaft eben nicht erträglich ist. Häufig bekommt die Partnerin dieses Faktum nicht mal mit, weil der Crossdresser von schlechtem Gewissen geplagt und mit scheinbar legitimen Erwartungshaltungen konfrontiert, sich ihr nicht offenbart.

Sicher stellt sie fest, dass ihr Mann gereizt und aggressiv ist, aus nichtigem Anlass losschreit oder einfach zu viel trinkt, aber Frauen sind gewohnt, dass Männer nun mal so sind und sie wird nicht darauf kommen, dass es die von ihnen auferlegten Restriktionen sind, die aus ihrem einst liebevoll fröhlichen Mann diesen aufbrausenden und pessimistischen Grantler gemacht haben.

Was mich zurück zu der Diabetes-Parallele bringt. Es ist offensichtlich, dass keine Frau von ihrem Mann erwarten würde, dass er sich nur jeden 2. Tag Insulin spritzt, weil sie das mit den Injektionen nun mal eklig findet. Gleichermaßen absurd ist es meiner Einschätzung nach von einem CD zu erwarten, er könne „aus Liebe zu seiner Frau“ mit bestimmten zugestandenen Aktivitäten glücklich leben, wenn er doch tatsächlich mehr oder anderes benötigt.

3.4.2 Wir sind nicht immer gleich

Ein Diabetiker muss mehrfach am Tag seinen Zuckerspiegel messen und abhängig von seiner Ernährung, seinen Aktivitäten, seinem sonstigen Gesundheitszustand oder auch seiner psychischen Befindlichkeit muss der aktuelle Insulinbedarf jedes Mal neu festgelegt werden.

Auch bei mir und anderen CD ist es nicht anders. Was ich in welcher Menge an „Weiblichkeit“ brauche, ist nicht immer gleich.

Es gibt Phasen, da halte ich es relativ lange aus, ohne mich „richtig“ als Frau fühlen zu müssen. Dann genügt es mir vielleicht schon, meine rasierten Beine oder die lackierten Fußnägel zu betrachten und ich fühle mich hinreichend weiblich. Zu anderen Zeiten aber leide ich fast jede wache Minute darunter, als Mann verkleidet rumlaufen zu müssen und ich könnte schier aus der Haut fahren, wenn ich mit irgendwelchen männlichen Stereotypen identifiziert werde. Dann ist eine mehrstündige Flucht in die Frauenrolle eine Linderung an deren Ende eine schmerzhafte Rückkehr in ein männliches Elend folgt.

Zusammenhänge zu meiner Ernährung habe ich, trotz der angeblich in Bier enthaltenen Östrogene (*grins*) nicht feststellen können, jedoch merke ich, dass Ärger und Stress die Sehnsucht nach der anderen Seite in mir schnell größer werden lassen.

3.5 Unterzuckerung

Für Diabetiker fast ebenso gefährlich wie die Überzuckerung ist das Gegenteil. Durch die Insulingaben können die Blutzuckerwerte die Toleranzschwelle unterschreiten. Das passiert recht leicht. Und weil Unterzuckerung gefährlich ist, haben Diabetiker praktisch immer Traubenzucker dabei, damit sie auf die ersten Anzeichen einer Hypoglykämie reagieren können.

Eine direkte Parallele fällt mir zu diesem Phänomen nicht ein. Wenn ich mich im Überschwang der Sehnsucht in einer Weise weiblich gekleidet auf die Straße begeben habe, dass ich mich dort nicht wohlfühle, dann bleibt mir nur eines: nix wie weg. Das ist allerdings ein spezielles Problem von mir. Andere Crossdresser genießen es geradezu im Stadtbild aufzufallen und sind enttäuscht, wenn sich keiner nach ihnen umdreht, mich dagegen verunsichert das total.

Daneben gibt es natürlich noch den großen Irrtum. In der festen Überzeugung transsexuell zu sein oder zumindest mehr echte weibliche Formen zu benötigen, unterziehen sich Transgender Operationen oder nehmen Hormone, die ihren Körper oder ihre Psyche verändern. Das kann zu schlimmen Problemen führen, wenn man feststellt, dass nun nicht mehr genug Männlichkeit da ist. Wenn man mit dem Dank Hormonen gewachsenen Busen glücklich ist, dann ist es gut, aber wenn man im Nachhinein feststellt, dass die Silikoneinlagen für den BH doch dauerhaft besser gewesen wären, dann hat man ein echtes Problem.

3.6 Ist es nicht so ähnlich wie Durst?

Nach dem, was ich zu Stoffwechselerkrankungen geschrieben habe, ist es für mich naheliegend, noch eine andere Parallele aufzuzeigen. Die Parallele zu den Grundbedürfnissen wie Schlaf, Hunger oder Durst. Die Übereinstimmungen sind evident, doch es gibt einen gravierenden Unterschied:

Durst hat jeder! Durst ist nicht erklärungsbedürftig, er ist keine Abweichung vom „Normalzustand“. Deshalb hat auch jeder Verständnis dafür, wie es ist durstig zu sein und niemand kommt auf den Gedanken, man könne es doch auch sein lassen.

Insofern denke ich, dass der Vergleich mit einer Stoffwechselerkrankung doch treffender ist.

4. Ich bin nicht krank!

All die Parallelen zu verschiedenen Krankheiten haben aber noch nicht geholfen, die Titelfrage zu beantworten. Bin ich, wie die Mediziner es meinen, krank?

Dazu muss ich erst einmal wissen, was überhaupt eine Krankheit ausmacht. Was ist „Krankheit“?

Schon wird es schwierig, denn diese Definition von Krankheit ist heillos umstritten und eine „offizielle“ also z.B. gesetzliche Definition des Begriffes gibt es nicht. Also bemühe ich wieder einmal Wikipedia:Eine Krankheit ist eine Störung der körperlichen, kognitiven und/oder seelischen Funktionen, die die Leistungsfähigkeit oder das Wohlbefinden eines Lebewesens subjektiv oder intersubjektiv deutlich wahrnehmbar negativ beeinflusst oder eine solche Beeinflussung erwarten lässt.

Sozialversicherungsrechtlich ist unter Krankheit ein „regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand zu verstehen, der ärztlicher Behandlung bedarf.

Schon von der ersten der beiden Definitionen fühle ich mich nicht gemeint. Zentral ist hier der Begriff der Funktionsstörung.

In der Einleitung zur ICD Gruppe F60-F99 steht über diese Störungen: „Sie verkörpern gegenüber der Mehrheit der betreffenden Bevölkerung deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in den Beziehungen zu anderen.“

Genau da stellt sich mir eine Frage: auf welche Bevölkerung kommt es an? Wenn ich die Gesamtbevölkerung nehme, dann teile ich meine Wünsche zur Selbstrepräsentation mit ca. 50 Prozent, nämlich den Frauen. Oder kommt es nur auf die Männer an? Dann bedeutet dass, es ist für Männer etwas krankes, die gleichen Wünsche wie Frauen zu haben, es sei denn die Mehrheit der Männer hätte diesen Wunsch. Sind dann Männer, die statt eines Steaks lieber einen Salat mögen bzw. lieber einen Fernsehfilm als Fußball gucken „gestörte Persönlichkeiten“?

Und welche „Funktionen“ wären es, die bei mir gestört sind? Die Funktion mit dem an Kleidung und Verhaltensmustern zufrieden zu sein, was die Gesellschaft Männern allgemein zugesteht?

Die zweite Definition, die so übrigens insbesondere von Arbeits- und Sozialgerichten benutzt wird, ist aus meiner Sicht überhaupt keine zutreffende Beschreibung mehr für meine Besonderheit.

Ich habe keinen negativ vom Standard abweichenden Körper- oder Geisteszustand. Keinesfalls! Ganz im Gegenteil, finde ich arroganterweise. Ich mag Dinge, die zu mögen für die Hälfte der Menschheit normal bzw. akzeptiert ist. Und wenn ich wegen meiner Besonderheit ärztliche Hilfe benötige, dann nicht weil ich sie habe, sondern lediglich weil es mir eventuell nicht möglich ist, ihr gemäß zu leben.

Was bleibt?

  • „technisch“ gesehen ist meine Neigung eine Krankheit, was mir einen Anspruch auf ärztliche Hilfe gibt, falls ich sie brauche
  • viele Parallelen zu psychischen und physischen Erkrankungen sind gegeben, insbesondere die Beeinträchtigung des Wohlbefindens
  • ich wehre mich trotzdem dagegen, mit meiner Besonderheit als krank angesehen zu werden
  • und wenn meine Besonderheit doch eine Krankheit ist, dann besteht sie darin, als „normaler Mann“ nicht glücklich sein zu können und meine Ausflüge in die Welt der Frauen sind die Therapie

© Jula 2005

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