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Ulrich v. Liechtenstein: Frauendienst

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Ulrich von Liechtenstein (1200/1210-1275) als „Königin Venus“, seine berühmteste Romanfigur.

Lange Zeit wurde der „Vrowendienst“ für eine autobiografische Schilderung gehalten. Tatsächlich aber handelt es sich um den ersten Ich-Roman in deutscher Sprache. Ulrich von Liechtenstein schuf ihn in der Mitte des 13. Jahrhunderts.

Zwar stimmen den Sitten und Gebrauche, die Orte und auch die handelnden Adligen gab es wirklich, aber die Handlung ist frei erfunden. Es war wohl Teil des Vergnügens, das Ulrich erzeugen wollte, dass er bekannte Personen nach seiner Laune als Helden oder Verlierer agieren ließ.

Ulrich von Liechtenstein war übrigens nicht im Hauptberuf Dichter, fahrender Ritter oder Minnesänger, sondern Beamter bzw. Politiker, der an verschiedenen Orten in verschiedenen Amtsfunktionen (Truchsess, Marschall, Landrichter) tätig war. Dichten war bloß sein Hobby. Natürlich hatte er das Ritter“handwerk“ erlernt, wusste also, wovon er schrieb, wenn er Turniere und Lanzenkämpfe schilderte.

Er war verheiratet mit Perchta von Weissenstein und Vater von vier Kindern. Seine Burg, die er in Unzmarkt erbaute, nannte er „Frauenburg“.

Nun aber endlich zu seinem wohl genialsten literarischen Einfall: einem Ritter, der verkleidet als „Königin Venus“ von Venedig nach Böhmen reist und dabei zig Lanzenkämpfe als Frau bestreitet.

Als Kompromiss zwischen ältlicher Anmutung und Verständlichkeit für moderne Menschen nutze ich die Übertragung von Ludwig Tieck. Weil die Sprache schwierig ist und die mit Begeisterung geschilderten Lanzenduelle sich wiederholen, kürze ich den Text auf die Highlights (für Transgender) zusammen.

Beginnen möchte ich jedoch mit einem Eindruck der Originalsprache, von der ich im weiteren Verlauf noch ein paar weitere Schnipsel beilege.

Venusfahrt:
Âventiure, wie der herre Uolrîch
küneginne wîse fuor durch
diu lant mit ritterschefte

Wie Ulrich in Weise einer Königin mit Ritterschaft durch die Lande fuhr.

472

Ze Venedige ich vil palde quam.
ein herberge mîn lîp dâ nam
vil verre von den leuten hin.
daz tet ich wan ûf sölhen sin,

daz niemen mich erkande dâ:
daz behuot ich dâ und anderswâ.
den winder allen ich dâ lac,
nu hoeret, wes mîn lîp dâ pflac!

473

Ich hiez mir snîden vrowen cleit:
zwelf röckel wurden mir bereit
und drîzic vrowen ermel guot
an kleiniu hemde, daz was mîn muot.

dar zuo ich willeclîch gewan
zwên schoene zöpfe wol getân,
die ich mit perlîn wol bewant,
der ich dâ wunder veile vant.

Ulrich staffiert sich als Königin Venus aus und kündigt seine Reise an

Ich kam bald nach Venedig, wo ich Herberge nahm ferne von den Leuten, daß mich Niemand dort erkennen sollte. Hier lag ich den Winter und ließ mir Frauenkleider schneiden, zwölf Röckel wurden mir bereitet. Und dreißig Frauen-ärmel an leinen Hemden, dazu gewann ich zween Zöpfe, die ich mit Perlen wohl bewand, deren da wunder viele feil waren, man schnitt mir auch drei weiße Mäntel von Sammt, die Sättel waren silberweiß, an die der Meister großen Fleiß mit Arbeit legte, darüber Decken von weißem Tuch, lang und meisterlich, auch waren die Zäume köstlich. Für zwölf Knappen schnitt man von weißem Tuche gutes Gewand, man machte mir auch hundert silberweiße Speere, alles, was die meinen führten, war weiß wie Schnee, mein Helm war weiß und weiß mein Schild, aus fünf Stücken weißen Sammt ließ ich mir drei Decken schneiden zu Wappenkleiden auf meinem Rosse, mein Wappenrock mußte ein wohl gefaltenes Röckelein sein von kleinem weißen Tuche. Mein Roß brachte man mir heimlich durch die Land, alle meine Knechte mußten von fremden Landen sein, die sich auch sehr beflissen, meine Fahrt zu verhehlen.

Als ich und die Meinigen bereitet waren, da sandte ich durch einen Boten einen Brief in die Land, durch welche ich fahren wollte, ich ermahnte den Boten, mich gegen Niemand zu nennen. In diesem Briefe war meine ganze Fahrt meisterlich beschrieben und wo ich des Nachts in der Herberge sein wollte. Als der Bote abgereiset war, blieb ich noch dreißig Tage, der Brief aber lautete:

Diu werde küneginne Vênus, gotinne über die minne, Enbiutet al den rittern, die ze Langparten und ze Friûl und ze Kernden und ze Stîr und ze OEsterrîch und ze Bêheim gesezzen sint, ir hulde und ir gruoz und tuot in kunt, daz si durch ir liebe zuo in varn wil, und wil si lêren mit wiegetânen dingen si werder vrowen minne verdienen oder erwerben suln. Si tuot in kunt, daz si sich hebet des næhsten tages nâch sande Georjen tage ûz dem mer ze Meisters, und wil varn unz hin ze Bêheim mit sôgetânen dingen. Swelch ritter gegen ir kumt und ein sper wider si enzwei gestichet, dem gibt si ze miet ein guldîn vingerlîn: daz sol er senden dem wîbe, diu im diu liebest ist. Daz vingerlîn hât di kraft, swelher vrowen man ez sendet, diu muoz immer deste schoener sîn und muoz in sunder valsch minnen, den der irz hât gesant. Stichet mîn vrowe Vênus deheinen ritter nider, der sol envier enden in die werlt nîgen einem wîbe ze êren. Stichet aber sî dehein ritter nider, der sol elliu diu örsse haben, diu si mit ir füeret….

Die werthe Königin Venus, Göttin über die Minne, entbietet allen den Rittern, die zu Lamparten und zu Friaul und zu Kärnthen und zu Steyr und zu Oesterreich, zu Böheim gesessen sind, ihre Hulde und ihren Gruß und thut ihnen kund, daß sie um ihre Liebe zu ihnen fahren will, und will sie lehren, mit wie gethanen Dingen sie werther Frauen Minne verdienen, oder erwerben sollen. Sie thut ihnen kund, daß sie sich hebet des nächsten Tages nach St. Georgen Tage aus dem Meer zu Meisters, und will fahren bis hin zu Böheim, mit so gethanen Dingen: welch Ritter gegen sie kommt und ein Speer wider sie entzwei sticht, dem gibt sie zu Lohn ein gulden Fingerlein(1), das soll er senden dem Weibe, die ihm die liebste ist, das Fingerlein hat die Kraft, welcher man es sendet, die muß immer desto schöner sein und muß sonder Falsch minnen den, der es ihr gesandt, stichet meine Frau Venus einen Ritter nieder, der soll an vier Enden in die Welt neigen, einem Weibe zu Ehren; sticht aber sie ein Ritter nieder, der soll alle die Rosse haben, die sie mit sich führt. Sie fährt des ersten Tages zu Tervis, des andern Tages an den Plat, des dritten Tages zu Schetschin, des vierten Tages zu St. Ulrich, des fünften Tages zu Clemun, des sechsten Tages zur Clause, des siebenten Tages zu dem Thor, des achten Tages zu Villach. Da liegt sie den neunten Tag stille. Des zehnten Tages zu Feldkirchen, des elften Tages zu St. Veit, des zwölften Tages zu Frisach, des dreizehnten Tages zu Scheuflich, des vierzehnten Tages zu Judenburg, des fünfzehnten Tages zu Chnütelfelde, des sechszehnten Tages zu Lioben, des siebenzehnten Tages zu Kapfenberg, des achtzehnten Tages zu Murzuslage, des neunzehnten Tages zu Glockenz. An dem zwanzigsten bleibt sie da den ganzen Tag. An dem einundzwanzigsten Tage ist sie zu Neuenkirchen, an dem zweiundzwanzigsten Tage ist sie zu der Neuenstadt, an dem dreiundzwanzigsten Tage ist sie zu Dreskirchen, an dem vierundzwanzigsten Tag ist sie zu Wien. An dem fünfundzwanzigsten Tage bleibt sie da liegen. An dem sechsundzwanzigsten Tage ist sie zu Neuenburg, an dem siebenundzwanzigsten Tage ist sie zu Mistelbach, an dem achtundzwanzigsten Tage ist sie zu Felsberg, an dem neunundzwanzigsten Tag ist sie an der Tyne zu Böheim. Da hat ihre Fahrt ein Ende. Sie will auf der Fahrt ihr Antlitz noch ihre Hände Niemand sehen lassen, sie will auch wider Niemand ein Wort sprechen. Sie gebietet von dem Tage, wo ihre Fahrt ein Ende hat, am achten Tage ein Turney zu Neuenburg. Welcher Ritter ihre Fahrt vernimmt und gegen sie nicht kommt, den thut sie in der Minnen Achte und in aller guten Weibe Aechtung, sie hat ihre Herbergen darum alle anschrieben, daß ein jeglicher Ritter wisse, wenn oder wo er gegen sie kommen soll, daß es sich ihm zum Besten füge.

480

Swa der brief kom in diu lant
und mîne vart dâ tet bekant,
des wâren alle die ritter vrô.
wan tiutschiu lant die stuonden sô,

daz niemen was dâ êren rîch,
er müeste varen ritterlîch
und wesen durch vrowen hôchgemuot.
des was dô site und wær noch guot.

Wo dieser Brief in die Lande kam, waren die Ritter fröhlich, denn die deutschen Lande stunden so, daß Niemand ehrenreich war, der nicht ritterlich fuhr und durch Frauen hochgemuth wurde, das war damals Sitte, und wäre gut, es wäre noch. Die Ritter bereiteten sich, und so hatte ich mich auch bereitet.

Königin Venus reist mit ihrem Tross los

Ich erhub mich am nächsten Tage nach St. Georgen eines Morgens sehr früh; die Leute liefen viel herbei, und um mich ward ein großes Gedrang. Mein Marschall und mein Koch ritten selb fünfe vor, von denen ward mein Gemach bereitet, nachdem sah man ein Banner führen, weiß wie ein Schwan, neben welchem zween Mann ritten, die laut in die Posaunen stießen, ein großer Schall ward zu Meisters. Drei Saum-Pferde zog man mir nach, denen drei Garzune(2) beiliefen, nach diesem drei bedeckte Rosse, deren jegliches ein Knappe pflog, auf jedem lag ein Sattel, der war stark und silberweiß, von einem guten Meister bereitet. Bei dem Rosse führte man meinen weißen Schild, der nicht besser gemacht sein konnte, auch meinen lichten Helm, der meisterlich gekrönet war. Dann schlug ein Holiblaser(3) einen Sumber(4), nach diesem ritten vier gut gekleidete Knechte, deren jeder in seiner Hand drei große zusammengebundene Speere führte. Nach diesen ritten zwei Mägde, alles was diese antrugen war von weißer Farbe, nach ihnen ritten zwei gute Fidelar(5), die mich hochgemuth machten, denn sie fiedelten eine fröhliche Reisenote.

487

Dar nâch ich selbe kom geriten,
in einer kappen wol gesniten,
diu was von wîzem samît gar.
einen huot ich fuorte, der was clâr,

wîz mit perlîn wol bestreut.
mîn minne gernde herze freut
sich, daz ich der vrowen mîn
mit ritterschaft solde dienende sîn.

488

Zwên zöpfe brûn, grôz und lanc
ich fuorte, daz ir lenge swanc
vil vaste über den gürtel mîn:
die muosten ouch mit berlîn sîn

bewunden meisterlîche wol.
mîn herze was hôhes muotes vol.
ein röckelin daz fuort ich an,
daz vrowe bezzers nie gewan.

489

Ich fuort ein hemde, daz was planc,
ze mâzzen als daz röckel lanc,
dar an zwêne vrowenermel guot,
ich was vil ritterlîch gemuot.

hantschuohe von sîden wol gewohrt
ich fuort, mîn lîp der was unervorht;
sus huob ich mich dâ von dem mer,
bî mir was liute wol ein her.

Hierauf folgte ich selbst zu Pferde, in einem gut geschnittenen Kappemantel, der von weißem Sammt war, ich führte einen klaren Hut, mit weißen Perlen bestreut, zween braune, große und lange Zöpfe schwankten mir bis über meinen Gürtel, die waren auch mit Perlen bewunden, dann trug ich ein Röcklein, wie keine Fraue nie ein besseres gewann, ich führte ein blankes Hemde, so lang als das Röcklein, daran zween Frauen-Aermel, auch seidene Handschuh. So hub ich mich von dem Meer, und gar viele Leute folgten mir nach.

Der Podestat(6) von Tervis verbietet Lanzenkämpfe

Da hieß ich fragen, ob jemand Ritter da wäre. Sie sprachen: liebe Fraue, ja, wohl tausend sind hie, die es ungerne lassen, daß sie mit Euch stechen, nur erlaube es ihnen der Podestat nicht, der von Tervis, denn dieser sagt, wer mit Euch ein Speer versticht, der müsse ihm fünftausend Pfund geben, er ist ein so zorniger Mann, daß er auf keine Freude achtet, man ihn auch nur selten lachen sieht.

So zog ich von Meisters fort nach Tervis. Dorthin war ein Graf mit fünfzig Rittern gekommen, es war von Görz der Graf Meinhard. Als der Biedre vernahm, daß man mich nicht stechen ließ, sprach er: wie ist das gekommen? Man sagte ihm, der Podestat habe es verboten; das ist eine Missethat, sprach der ehrenbegierige Mann, sollen wir denn keine Freude haben? das wollen wir besser versuchen. – Sogleich setzte er sich auf sein Pferd und ritt mit vielen Rittern hin zum Podestat und sprach: Herre, Ihr sollt uns mit Eurer Huld hie froh sein lassen, darum bitte ich Euch. Der sprach: ich verwehre Euch keine Freude, wo es ohne Schaden geschieht, das gönne ich Euch sehr wohl, nur will ich auf keine Weise, daß Jemand hier in Tervis in ein Wappenkleid komme, es sind zu viele Gäste hergekommen, darum will ich es nicht gestatten, daß Jemand hier Harnisch anlege, ich wäre wahrlich selbst ein dummer Mann, wollte ich die Dummheit hier gestatten, es könnte leicht Schaden geschehen, darum erlaube ich es nicht.

So schied er mit Zorne von dem Podestat und ritt in die Stadt, wo viele schöne Frauen waren, denen klagte er: Ihr schönen Frauen, laßt Euch um Euren reinen süßen Muth geklagt sein, daß mir der Podestat versagt hat, daß er uns hier nicht will stechen lassen, das geschah doch sonst wahrlich keinen Ritter zu Tervis, er fürchtet, es komme der Stadt zu Schaden, weil zu viele Leute hergekommen sind.

Die Frauen von Tervis erbitten, dass die Königin kämpfen darf.

Die Frauen sprachen: dies soll abgewandt werden, wir wollen ihn bitten herzukommen, wir glauben nicht, daß er uns abschlägt, was wir ihn freundlich bitten. Mit höf’schen Sitten ritt schnell ein Ritter zu ihm hin, indeß kam auch ich mit Schalle durch die Stadt gezogen. Um mich war großes Gedränge, und so zog ich in meine Herberge. Der Podestat kam indeß zu den Frauen, da grüßte ihn manch rosenfarbner Mund, er neigte ihnen züchtiglich, die schönen Frauen sprachen: Ihr sollt uns gewähren, was wir allgemein von Euch bitten, Ihr sollt der Königin ihr Spiel hier lassen, damit wir Ritterschaft sehen. Er sprach: ungern versag ich Euch was, ich will dem Grafen um Eure Bitte hie zwei Speer erlauben. Da trat mit züchtiglicher Sitte Herr Leutfrit von Eppenstein herfür und bat um einen Speer, und er sprach: das will ich Euch nicht versagen, mehr aber geschieht wahrlich nicht.

Mit Freuden wappnete sich der Graf, er ward ritterlich geziemirt, sein Wappenkleid war köstlich, sein Helm war licht von Gold und hart wie ein Adamas, um den war von Federn ein Kranz, an den Federn hingen viele Silberblätter; der Schild war gehalbirt, das Obertheil war blau, wie ein lichter Sapphir, darauf war von Gold ein gekrönter Löw geschlagen, des Krone von edlen Steinen voll war. Das Hintertheil glänzte von Chelen-Roth, Weiß von Härmlin war zu acht Stücken meisterlich geschnitten, auch war darauf mit Porten Weiß, Roth, Gold, Blau, wohl ausgenommen. Sein Wappenrock und seine Decke waren von grünem Sammt, darauf waren Schilde gestreut, seine Speere waren grün wie Klee; er führte einen glänzenden Gürtel und Heftelein(7), sein Halsberg(8) und seine Hosen glänzten von blankem Stahl, an den Beinen trug er zwei goldene Sporen. Es saß der Milde auf einem schnellen und guten Rosse, das in Sprüngen durch die Stadt fuhr, alle riefen: weicha! weich! So kam der Freche ritterlich.

Ich war auch bereitet in meine weißen Wappenkleid, mein Helm war auch gekrönt mit einer glänzenden Krone, meine langen Zöpfe schwankten auf den Sattel, ein Netz von Perlen war ihr Dach, wodurch sie schienen, ich führte ein weißes Röckel, in welches Frauen mit großem Fleiß die Falten gelegt hatten, mein Gürtel war dreier Finger breit und mit Gold beschlagen, ein köstlich Heftlein von Gold führt‘ ich vorn an meinem Busen. Ich ritt ein schnelles und starkes Roß, das war mit weißem Sammt verdeckt, die Decke war lang und weit und meisterlich geschnitten, mein Schild war silberfarb, meine Speere waren weiß, leuchtend mein Harnisch.

Weil der Publikumsandrang so groß ist, muss der Lanzenkampf auf der Brücke stattfinden

So kam ich durch die Stadt, in allen Gassen war großes Gedränge: in kleinen Sprüngen sprang mein Roß. Der Podestat von Tervis gebot mit Fleiß, daß man uns einen Ring räumte, das war aber nur verloren, denn es waren so viele Leute gekommen, daß man uns auf keine Weise einen Ring in der Stadt machen mochte, wir konnten kaum zu einander kommen, auf einer Brücke sah ich den Hochgemuthen, von der Brücke trieb der Podestat die Leute, daß ihrer nur wenige darauf stehen blieben, auf dieser mußten wir tyostiren, und mancher rosenfarbne Mund sprach uns Segen nach.

Da ich ihn so schön kommen sah, nahm ich mein Roß mit Sporen, so that er dem seinigen, und wir kamen zusammen, als wenn wir zu einander flogen, unsre Augen trügten uns nicht, unser beider Tyost(9) gerieth recht da, wo sich Schild und Helm scheiden, die Speere krachten, und die Splittern flogen. Die Schild rührten einander.

Der Tugendreiche band den Helm ab, und so auch ich; sandte ihm ein goldnes Fingerlein, das er seiner Frauen geben sollte, die ihm die liebste vor allen Weiben sei, dabei sollte sie seinen treuen Muth erkennen.

Herr Leutfrit von Eppenstein kam ritterlich geziemirt gegen mir, der starke Mann war des Gutes reich und wohl bekannt an der Mure, er führte ein großes rothes Speer in seiner Hand. Ich dachte, daß ist ein starker Mann und wohl geübt in Ritterschaft. Da machte ich den Puneis(10) lang, ihm sank sein Speer allzu niedrig, und er stach mein Roß durch den Hals, ich brach den Speer auf seiner Brust, mein Roß sprang vor Schmerzen hoch, und ich mußte absitzen.

200 Frauen holen Königin Venus zum Kirchgang ab

Der Tag war auch vergangen, und die Ritterschaft mußte ein Ende haben, ich fuhr in meine Herberge; gern wären mir alle die Herren gefolgt, um mich zu sehen, das wurde aber vermieden; denn ich ließ mich auf der ganzen Fahrt von keinem Manne sehen. Am andern Morgen als der Tag erschien, und ich noch in meinem Bette lag, waren wohl zwei hundert Frauen vor meine Herberge gekommen, um zu erfahren, wann ich in die Kirche gehen würde. Einer meiner Knechte sah die Frauen, und sprach zu mir mit Züchten: viel liebe Fraue, ich meine Euch edle Königin, ich weiß nicht, ob Ihr wißt, alle Frauen aus der Stadt sind daher gekommen, Ihr lieget allzulange.

Da ich das hörte, legte ich schnell Kleider an meinen Leib, wie sie ein werthes Weib wohl mit Ehren tragen mag, ein blankes kleines Hemde, zu Maßen lang, daran zwei schöne ärmel waren, darnach ein Röckel, das war klein und weiß wie ein Schwan, und einen weißen Mantel von Sammet, darin von Gold manch schönes Thier gewirkt war, meine Haube war auch gut, aus der meine Zöpfe hingen, die zum Theil mit Perlen bewunden waren, mit einem guten Risen(11) verband ich mich, damit Niemand von mir sehen sollte als nur meine Augen. Ich setzte einen Pfauen-Hut auf, zween Handschuhe trug ich an meinen Händen, und so ging ich in hohem Muthe hin, wo mich mancher rothe Mund mit Gruß empfing, sie sprachen: Gott willkommen, Königin Venus! Da erhub der Graf von Görz einen Buhurt(12), er ritt vor uns Frauen mit Kunst nach ritterlichen Sitten daher, der Buhurt ging in Quere hierhin und dahin, fünf hundert Ritter waren wohl auf den Buhurt gekommen, da hörte man das Stoßen von Schilden und das Krachen von Speeren, die Rittern waren unmüßig um die reinen süßen Weib.

Königin Venus geht zur Messe

Ich bat sie, den Buhurt zu lassen, das wurde auch schnell gethan. Da ich zur Kirchen ging, nahm eine Gräfin meinen Mantel und hielt ihn über mein Gewand empor, so führte sie mich zur Kirche, ich nahm den Dienst in hohem Muthe an. Eh ich zur Kirche kam, hatte mein Kammerer einen schönen Teppich genommen und einen weichen Polster, das lag über einem Stuhl, worüber ich mich zu neigen pflag. Ich bat Gott, daß er durch seine Güte möge meiner Ehre pflegen.

Ein Pfaffe sang eine schöne Messe, groß Gedränge war um mich von Frauen, als ich zum Opfer gehen wollte, man hieß die Leute aufstehen, ich that dreist mein Opfer. Da ich vom Opfer kam und man das Pace hertrug, wurde genug gelacht, denn ich nahm das Pace von einem Buch, so mit verbundnem Antlitz, wie es sich doch nicht ziemte, so bot ich es der Gräfin, die Hochgeborne sprach: Ihr sollt die Risen wegnehmen, denn so geziemt mir das Pace nicht. Im Augenblick nahm ich die Risen vom Munde, worauf die Schöne lachte und sprach: Wie nun? Ihr seid ein Mann, das seh ich wohl; was thut es? Der Kuß soll doch geschehen, ich will um alle guten Weib Euch küssen, weil Ihr Frauenkleider angelegt habt, so soll Euch mein Kuß nicht versagt sein.

Da sie das Pace von mir empfing, und der süße Kuß geschah, so wurde ich davon sehr hochgemuth. Die Messe war nun gesungen, und ich und manche schöne Fraue gingen von der Kirche, ein großes Gedränge war überall in den Gassen, ein großes Schallen von Posaunen hörte man vor uns, und alles war froh uns zu sehen.

Ich kam vor meine Herberge und nahm schön Urlaub von mancher minniglichen Frauen, mit süßem reinen Herzen baten sie, daß Gott mein pflegen möge; und davon habe ich seitdem viel Glück gewonnen, denn Gott kann guten Frauen nicht versagen.

Manch hochgemuther Ritter bat den Podestat, daß er mich mehr stechen ließe; das geschieht nicht, antwortete er, wer mit ihm tyostiren will, der ziehe mit ihm, bis an den Plat, das will ich erlauben. Ich speiste und befleißigte mich dann, schön durch die Stadt zu reiten. Mancher werthe Mann begleitete mich zu Pferde.

Von der Piave nach Villach: Hauen und Stechen!

Mit Freuden zog ich an den Plat, an einer schönen Stelle sah ich Herrn Reinprecht von Murecke halten, er diente vielen genehmen Weiben und lag darum selten allein. Von guter Seide führte er ein Hemde, weiß wie der Schnee, er führte nicht anders Harnisches als Schild, Helm und Speer, so kam er hergestapft, sein Roß war mit Sammt verdecket. Ich bereitete mich schnell in meine weißen Wappenkleid, ich band den Helm auf und nahm ein weißes großes Speer. Er kam her geleisiret, sein Speer war leuchtend von Gold, das schlug er unter seinen Arm, das meine setzte ich auf mein Diech(13), er stach sein Speer durch meinen Schild, das von der Tyost nur wenig brach, mein Speer neigte sich nicht, und so erging der Tyost beiderthalb ritterlich. Da gab ich dem reichen Mann ein goldnes Fingerlein, er dankte dafür.

Nun bestand mich Herr Herman von Plintenberg, und drei Wahlen, die ritterlich ritten und nicht fehlten. Jeglichem gab ich ein Fingerlein, ich verstach die vier Speere. Darauf zog ich schöne nach Schetzin, wo ich die Nacht bleiben wollte. Da ward ich wohl empfangen, die Fenster waren voll Frauen, die mich alle grüßten. Ich blieb die Nacht da, und als der Tag erschien, hub ich mich wieder gewappnet auf meine Fahrt.

Vor einem wunniglichen Foreis(14) wartete mein der Graf von Görz mit manchem Manne, zwölfe sah ich unter Helmen, da sprach ich zu den Meinen, ich sehe hie Ritter, die Tyostirens begehren. Gleich saß ich auf mein Roß und vergaß des Schildes nicht, den Helm band ich zu Haupt und nahm ein Speer in die Hand. Sie rannten gegen, der Graf verstach ein Speer auf meinem Helm, das meine zerbrach an seinem Halse. Sieben Speer wurden da auf mich verstochen, eilf Speere wurden von meiner Hand da ritterlich verschwendet, fünf Ritter verfehlten mich, denen gab ich auch keine Fingerlein.

Ich band meinen Helm ab. Indeß erhub sich auf dem Felde hier und da mancher Tyost, der Graf von Görz stach einem Ritter seinen Helm ab, ein schönerer Tyost konnte nicht gesehen werden, denn der Ritter blieb kaum sitzen. Wohl hundert Ritter hatten da ritterliche Arbeit, um die Weib und um ihre Ehre.

Die Ritterschaft zerließ sich nun, und sie zogen mit mir an dem Tage bis zu Sanct Ulrich, da wollte ich mein Gemach haben. Am andern Morgen wappnete ich mich schnell und zog mit weißen Speeren auf das Feld: einer war unter den Rittern, von dem hatte ich vernommen, daß er Kleinod von Frauen mit sich gebracht habe, der hieß Herr Otto von Spengenberg, der zog mir nach wohl geziemiret, sein Ziemir(15) gab lichten Schein, um seinen Helm führte er ein Risen. Wir führten beide starke Speer, da wurde der Puneis lang gemacht, denn er wollte mich fällen, ich dachte auch: ich will diesen Mann so treffen, ob er kann sitzen bleiben. Er trieb mit Sprüngen eilig gegen mich, sein Speer war gesenkt, ich warf mein Roß etwas von ihm zurücke, weil ich im Sinn hatte, den Mann zu fällen, dann trieb ich wieder auf ihn, und mein Tyost blieb an seinem Halse, wovon der hochgemuthe Mann beinah einen Fall hätte nehmen müssen: er verstach auf mir ein großes Speer, und von unser beider Speere Krachen sah man die Splittern hoch auffliegen, Zaum und Stegereif entwischte ihm, er faßte den Sattelbogen, dabei richtete er sich wieder auf, sonst wäre er nieder gefallen.

Mit ihm stach ich selbst sechst, daß nie ein Fehler geschah, ich gab ihnen allen Fingerlein, band meinen Helm ab und zog gegen Clemun. Da hatte sich ein Ritter schön gegen mich auf den Plan in einem wonniglichen Gezelt gelegt, der war Herr Mathie genannt, auf Ehre stund sein Sinn: er hatte eine minnigliche Magd gegen mich geschickt, die führte in ihrer Hand ein Speer, ritt ein schönes Pferd und trug sehr gut Gewand. Die Schöne sprach aus rothem Munde: Gott, willkommen Königinne Venus, Herr Mathie hat Euch durch mich entboten, daß Ihr, Frau, ihm auch ohne Streit willkommen seid, denn er sieht Euch von Herzen gerne, er hat Euch durch mich dieß Speer gesandt, daß Ihr es auf ihn verstechen sollt, das hieß er Euch durch mich viel züchtiglichen bitten, nun nehmt es, so lieb Euch alle Frauen sein.

Ich nahm das Speer williglich, dankte der Botschaft und hieß die minnigliche Magd sagen, ich wäre bereit, alles zu thun, was sie mir gesagt. Die Magd dankte und ritt in hohem Muthe von dann.

Da wappnete ich mich und band den Helm zu Haupt, ich nahm Speer und Schild, da kam auch der Ehrengehrende über den Anger gestapft, er führte an seinem Speer ein gutes Risen und ein Schapel(16) auf seinem Helm, das von Gold und Perlen lichten Schein gab, er mochte der wohl zu Diensten leben, die ihm das Kleinod geschenkt hatte. Wir waren jetzt so nahe gekommen, daß es Zeit war zum Buneiz, jeder befließ sich, daß er schöne geritten käme und nicht fehlte, wir trieben nun mit den Sporen zusammen, und die Speere blieben nicht ganz; es geschah ein schöner Tyost, ich stach ihm den Helm vom Haupte, und die Risen an seinem Speer vorn blieb in meinem Schilde, sein Tyost bohrte mir weite Lücken oben, wo des Schildes Rand mir deckte das linke Achselbein.

Sein Helm war ihm schnell aufgehoben, und ich sah noch sechs Ritter geziemirt gegen mich traben, jeglicher führte ein Speer, die wurden von mir angerannt, ich vermißte keinen, ihrer trafen mich aber nur viere. Die zween, die mein da vermißten, waren traurig, der Wirth selb fünfte holte da die Fingerlein. Ich band den Helm vom Haupte und ritt in meine Herberge, wo ich gut Gemach fand.

Am Abend sah man die Ritter mit einem wonniglichen Buhurt kommen, da ward ritterlich geritten vor meiner Herberge, es konnte kein Buhurt schöner sein: da saß ich in einem Fenster und sah die Arbeit der Ritter, ich war wonniglich gekleidet, recht wie eine Königin. Des Buhurts war nun genug, und aus meiner Herberge gab man den Rittern des guten Weines viel, denn nach Arbeit trinkt mancher Mann gern, ich hieß ihnen schenken in Köpfen, in Näpfen und silbernen Schalen, da neigten sie mir alle und fuhren in ihr Gemach.

Da hätte mein Kammerer vier meiner Röcklein zur Wäsche gegeben, das ward eine edle Fraue gewahr, und alsbald sandte mir das schöne Weib ein Röckel, sie gebot der Wäscherin auf ihren Leib, daß sie es verbürge unter meine Röckelein, darin war ein Brief, ein Gürtel und ein Schapel gebunden; so empfing es mein Kammerer, und wurde dessen nicht inne, worüber er nachher Verdruß hatte.

Als der Tag gekommen war, hörte ich Messe, darnach ließ ich mir mein Wappenkleid anlegen, meine Posauner bliesen mit Schalle eine süße Weise, damit thät man den Rittern kund, daß ich bereitet wäre: mancher hochgemuthe Mann wappnete sich, in den Gassen trug man Schilde, Helme und Speere. Da zog ich für die Stadt. Herr Mathie hatte sein Gezelt mir wieder in dem Weg aufgeschlagen, er hielt da vor dem Gezelt schöne geziemirt auf dem Plan, da stapfte ich zu ihm, und er nahm sein Roß mit beiden Sporen, da ward ein Tyost so ritterlich und so wonniglich geritten, daß ich nie es schöner habe gesehen, die Schild kluben sich von der Tyost, und hoch flogen die Splittern von den Schäften.

Königin Venus trifft dern Fürst von Kärnten

Am andern Morgen hub ich mich früh von dem Thor, da hatte sich auch der Fürst von Kärnthen schon auf einen grünen Anger gelegt, er lag des Imbiß wegen da, was er immer gern auf dem Grase pflog. Bei ihm lagen wohl hundert Ritter. Da ich ihn so vor mir liegen sah, sagte ich aus hohem Muthe: ich sehe dort Ritterschaft gegen mich liegen, deß bin ich von Herzen froh. Da hieß ich meine Posauner blasen, ihr Blasen erscholl laut und süße. Da der Herzog und die Seinen den Schall von den Posaunen erhörten, sprachen sie: wer zieht da zu uns? Man sagte: die Königin fährt daher, wie ihr ihre Briefe habt gehört. Sie sprachen: die sei willkommen, wir sollen sie hie schöne empfangen.

Der Fürst und seine Gesellen hießen mich willkommen sein, sie riefen: Buge waz primi gralva venus!(17) Sie hießen mich fragen, ob ich tyostiren wolle, ich sprach Ja. Da wappnete sich mancher biedre Mann, und fünfzig waren bald in ihren Harnischen, die alle tyostiren wollten. Der zuerst gegen mich kam, war ein biedrer Mann, er hieß der schöne Herman von Osterwitz, seine Tapferkeit war weit erkannt. Wir beide ritten einen schönen Tyost; weicha. weich! rief man dort und hie: man sah die Speer auf beiden Helmen brechen, und das Feuer sprang aus den Helmen. Man gab mir ein ander Speer, und mein Herr Chol von Finkenstein kam gegen mich, der konnte wohl tyostiren, denn er verstach einen Speer an meinem Helm, das meine zerbrach an seinem Schild.

Ein anonymer Brief und ein geschenkter Rock

In der Nacht hatte ich zu Villach gut Gemach, am andern Tage hörte ich eine schöne Messe, ich hatte wonnigliche Frauenkleid an mich gelegt, und so ging ich nach der Kirche, worüber mancher Mann lachte. Nachher wollte ich mich gut ziemiren, und so schaute ich alle meine Röcke an und fand einen fremden Rock darunter. Da sprach ich zu meinem Kammerer: Wer hat dir dieß gegeben? Er sprach: Fraue, das weiß ich nicht. – »Das wäre eine wunderlischicht, wenn dir einer dieß Röcklein ohne dein Wissen gegeben hätte.

Ich band das Röckel auf und fand einen Gürtel drinn, ein Schapel und ein Heftlein, die alle drei sehr schöne waren, auch lag ein deutscher Brief dabei. Darüber wurde ich sehr zornig, ich sprach: glaube mir, dieß Kleinod bringt dir Unheil! Er sprach: liebe Fraue, laßt Euer Zürnen sein, weiß ich, wer es mir gegeben hat, so laßt es an mein Leben gehen. Ich ließ mir den Brief schnell lesen, welcher so sprach:

Venus, viel edle Königein,
Gruß und all‘ den Dienst mein
Entbiet‘ ich Euch, gar sonder Wank,
Euch sollen alle Frauen wissen Dank,
Daß ihr durch unsre Würdigkeit
An Euch gelegt habt Frauenkleid,
Und damit ehret alle Weib,
Des wird getheuert Euer Leib.
Ihr sollt von mir empfahen
Mein Kleinod sonder Schmahen
Das ich zu Lieb‘ Euch hab‘ gesandt,
Ich will Euch bleiben unbekannt,
Um meine Ehre und um anders nicht,
Und wo Euch Ehre und Liebe geschicht
Des bin ich inniglichen froh,
Mein Muth der steht gegen Euch also,
Gott müsse Euch Leibes und Ehren pflegen
Auf Euern ritterlichen Wegen,
Mit Treuen geb‘ ich Euch den Segen.

Als ich den Brief vernahm, kam ein Bote, der sprach: edle Königin, Ihr sollt jetzt gewappnet sein, die Ritter sind schon bereit und ziehen auf das Feld. Ich wappnete mich alsbald in meine weißen Wappenkleid und zog auf das Feld, wo ich wohl vierzig Ritter fand.

In der Steiermark

Man sah mich gegen Scheuflich reiten in das werthe Steyerland, neunzehn Ritter ritten mit mir und nur fünfe warteten meiner, die ritten mir mit freundlichem Gruß entgegen.

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Si riten gegen mir ritterlîch
und gruozten mich vil minneclîch:
«Vênus, vil edeliu künegîn,
ir sült got willekomen sîn

ze freuden her in ditze lant.»
des neig ich zuhteclîch zehant

Gott willkommen, Venus, edle Königin, zu Freuden in dies Land! Da neigte ich züchtiglich.

Von Lioben zog ich zu Thal hinab, wo die Murz ihren Fall hat in die Muhre, das ist ein fischreiches Wasser, bei dem ritt ich zu Berge unter eine Burg, die sehr hoch liegt, welche Chapfenberg heißt und im Steyerlande wohl bekannt ist. Auf der saß ein Wirth, der immer den Muth hatte, alles Lob zu erwerben, das einem Ritter geziemt, er war milde, kühn und wohlgezogen, der hieß Wulfnig von Stubenberg, er war reich an Leuten und an Gut und lebte löblich. Als der ehrbegierige Mann meine Ankunft hörte, sprach er: die edle Königin soll mir willkommen sein. Der Hochgemuthe ließ meinen Boten verkünden, daß sie ihr kaufen sein ließen, er sprach: die edle Königin soll es von mir hier nehmen. Da man sie nicht wollte kaufen lassen, wollten die Boten fortgehen, er sprach: nein, Ihr sollt hier bleiben, da Eure Fraue auf ihrer Fahrt so gemuthet ist, daß sie nichts umsonst nehmen will, so kauft nur so viel Ihr immer wollt, sie sollte aber lieber bei mir hie sein, denn ich gebe ihr gerne. Mein Schaffer sprach: das lohne Euch Gott, denn ihr Muth steht so hoch, daß sie uns auf das Leben verboten hat, etwas anzunehmen, das man ihr umsonst geben wolle.

Da hieß der Hochgemuthe alsbald meinem Wirthe kund thun, so lieb ihm das Leben sei, sollte er mir den Kauf so geben, daß er für das, was drei Mark werth war, nur einen Pfennig forderte. Da meinem Schaffer dieser Kauf bekannt ward, ritt er eilig von dannen, der Biedre sandte ihm wieder nach und sagte: wo willst du hin? – »Von hier, denn der Kauf ist hier allzugut.« – Da lächelte der edle Mann und sprach: ich sehe wohl, ich muß durch Zucht Euch ganz Euren Willen lassen, oder Ihr bleibt nicht hier, schafft es nun, wie Ihr wollt. Damit ritt er fort und empfing mich ritterlich. Mit ihm kamen wohl dreißig Ritter zu Rosse, gekleidet nach Ritters Sitten, niemals ward ich besser empfangen, als wie mich der Tugendreiche empfing. Nach dem schönen Gruße ritt ich in meine Herberge, wo ich die Nacht Gemaches pflog.

Eine Frau will gegen die Königin antreten! Oder ist es doch ein verkleideter Ritter?

Dann ritt ich mit Urlaub gegen Chinnenberg, da saß ein biederer Mann, Otto von Buchawe, weit durch Zucht und Mannheit bekannt. Sein Bote ritt mir eine Meile entgegen und sprach: viel edle Königin, Euch heißt in diesem Lande ein wendisch Weib willkommen, die will sich mit Ritterschaft auf dem Plan gegen Euch versuchen, wenn Ihr es ihr vergönnt, denn ich sage Euch fürwahr, in diesem Thal ist kein Ritter gesessen, der der Tyost pflege, darum will sie mit Speeren gegen Euch kommen, und durch Eure hohe Würdigkeit sollt Ihr ihr Tyost gewähren.

Ich lächelte und hieß den Boten sagen, daß ich wohl schon gegen Weib getyostirt hätte, daß ich aber dann keinen Harnisch angetragen und wäre von ihrem Tyost doch wohl gewesen; ihr Tyost thut so wohl, daß sich Niemand gegen sie wappnen darf. Der Bote sprach: Ihr habt Euch als ein Weib gekleidet und tragt doch Harnisch darunter, so besteht Ihr manchen Mann, darum will meine Frau gegen Euch nicht ohne Harnisch sein, sondern mit Harnisch Euch ritterlich als einen Mann bestehen.

Ich sprach: Herr Bote, ich will Euch sagen, vor allen Männern bin ich Magd und bin den Weiben mit großen Freuden beigelegen, ist Euere Frau wirklich ein Weib, so kann ich ohne Harnisch wohl ihre Huld verdienen. Da sprach der Bote, so sei es Euch denn bekannt, meine Frau ist ein hochgemuther Ritter und hat sich als ein Weib gekleidet, er ist ein minnebegehrender Mann und hat oft sein Leben um die minniglichen Weib gewagt. Ich sprach: wenn Eure Frauen ein Mann ist und er mich durch seine Würdigkeit bestehen will und Weibskleid angelegt hat, so bin ich das inniglich froh, und ein Tyost wird ihm gewährt, da er ihn auf so schöne Weise bittet.

Das Duell der Crossdresser

Damit ritt der Bote von mir und sagte seinem Herrn, daß ich ihn mit Tyost bestehen wollte. Da wappnete sich der biedre Mann in einen leuchtenden Harnisch, sein Helm glänzte, auf dem war ein weiter Ring gemacht und köstliche Ohrenringe hingen vom Helme herab, er führte zween blanke Zöpfe, deren Länge auf dem Sattel schwankte, er hatte eine Godehsen an, das ist ein windisches Weiberkleid, sein Schild war köstlich blau, und Schapel waren hie und da wonniglich darauf gestreut, sein Roß war schön verdeckt mit blauem Zendal, die Decke war voll Schapel gestreut, die leuchteten von allen Blumen, die nur des Maien Zeit gibt, er führte ein großes Speer, ganz mit Blumen umwunden. So kam der Biedre gegen mich; ich hatte indessen auch ein großes Speer genommen, auf zweien schnellen Rossen kamen wir aneinander, so daß die Splittern hoch flogen, die Tyost brach durch die Schilde, daß man es auf beiden Armen sah.

Die Königin wird verwundet, geht aber am nächsten Tag erhobenen Hauptes in die Kirche

Da empfingen mich die Ritter gar schöne, neune warteten meiner; zuerst kam gegen mich der biedre Ortolf von Grätz, mit einem schönen Tyost verwundete er mich durch mein Schild und Harnisch in die Brust, als ich die Wunde bluten sah, deckte ich das Blut und die Wunde mit meinem Röckelein. Die beiden Brüder, Herr Otto und Herr Heinrich von Püten ritten ritterlich gegen mich, sie vermißten mich nicht, und ich verstach auf sie zwei Speer. Da kamen sechs Ritter gegen mich und ihrer aller Tyost gerieth so, daß die Splittern hoch flogen. Als ich neun Speer verstochen hatte, fuhr ich in meine Herberge, um zu ruhen, dazu machte mir die Wunde Noth; neun goldne Fingerlein sandte ich den Rittern, die es verdient hatten, und ein guter Meister verband mir meine Wunde.

Da wurde die Märe kund, daß die Königin von einem Tyoste verwundet sei, so, daß sie nicht mehr stechen möchte; das that den Biedern allen leid. Da ich das hörte, sagte ich: ich will in die Kirche gehen und morgen hie bleiben, um den Leuten zu zeigen, daß mein Leib gesund ist, denn ich bin nur ein wenig verwundet, das will ich den Leuten verbergen und mich so ritterlich stellen, daß es Niemand gewahr wird.

Am andern Morgen kleidete ich mich wonniglich als ein Weib und ging so zur Kirchen. Wer mich so hochgemuth zur Kirchen gehen sah, sprach: die Königin ist ja wahrlich gesund. Um mich wurde so großes Gedränge, daß sie die Kirchthür niederdrangen, als ich wieder aus der Kirche ging. Ich hätte gern noch da gestochen, aber ich fand Niemand mehr, und so zog ich mit Freuden hin zu der Neuenstadt.

Königin Venus wird während eines Bades mit Blumen bestreut und bekommt Frauenkleidung und Schmuck geschenkt

Ich zog in die Stadt und hieß meinem Kammerer mir ein Bad außerhalb der Stadt zu bereiten, so daß es Niemand gewahr würde; heimlich begab ich mich dahin und setzte mich in das Bad, wovon ich meine Müde vergaß. Die Bader badeten mich, von denen mich keiner kannte; da geschahe mir im Bade eine wunderliche Geschichte, da wurde mir liebes Leid und freudiges Ungemach von Weiben kund, davon mein Herz verwundet wurde. Mein Kammerer ging von mir nach der Herberge, um mir ein Gewand zu holen; da saß ich allein, gar ohne Gesinde, und ich glaube, was geschehen soll, das füget sich, wie es auch immer mag, denn indem ich so alleine saß, kam ein fremder Knecht zu mir, gut gekleidet, höfisch und klug; der Knappe trug einen guten Teppich, den nahm er und legte ihn vor das Bad, darauf legte er Frauenkleid, ein Risen und ein schönes Nöckelein, dazu ein wonniglich Haftel, ein Schapel und ein Fingerlein, der Stein im Fingerlein war ein Rubin, so roth wie ein süßer Frauenmund, darzu legte er einen Brief, der mit süßen Worten sagte, wer mir die Kleinod sandte. Da ich die Kleinod sah, sprach ich mit großem Zorn: sagt an, wem habt Ihr dies hergebracht? Denn Ihr sollt mir wahrlich glauben, daß ich es nicht annehme, tragt es wieder fort, das ist Euch gut.

Der Knappe schwieg und ging, kam aber gleich mit zween andern Knechten wieder, die trugen ihm Rosen nach, von schöner Röthe und frisch geblättert, davon streute er so viele auf mich, daß mich in dem Bade Niemand sah, wobei der Knappe kein Wort redete. Was ich auch zürnte und was ich auch bat, er streute immerdar die Rosen über mich, so viel, daß der Fußboden wonniglich von Rosen gefärbt war. Darnach neigte er mir mit Züchten und schwieg still, was ich auch reden mochte, er war mir ganz unbekannt, und so ging er von mir.

Im großen Zorn verließ er mich, da kam mein Kammerer und brachte mir mein Badegewand; da er die Kleinod sah, sprach er: viel edle Königin, was ist dies? Ihr seid mit Rosen bestreut, alles ist hier mit Rosen gefärbt. Ich sprach: Du hast missethan, daß du mich allein gelassen hast, dies alles hat ein Knappe hergetragen, den ich nicht kenne, Rosen, Kleinod und Gewand, er hat es gegen meinen Willen alles zu mir hergelegt; nun reiche mir mein Badegewand, denn ich will ungebadet fortgehen und alles hie lassen.

Da sprach mein Kammerer: nein, Fraue, das soll nicht sein, das wäre übel gethan, wenn Ihr die Kleinod hie lassen wolltet, die Bader würden es nehmen und dabei würde es bekannt, wer es Euch aus Liebe hergesendet hat, es ist vielleicht ein so befreundet Weib, daß es Euch an den Leib gehen möchte, drum lasset mich die Kleinod bewahren, und folget meinem Rath, denn er ist Euch gut, bis Ihr endlich erfahrt, wer die Gute sei, die es Euch aus Liebe hergesendet hat, so sendet es ihr dann zurücke, sie ist Euch hold, wie Ihr seht, darum soll man ihre Ehre auch behüten. – »So bewahre es denn so lange, bis mir die Frau bekannt wird, daß ich es ihr dann wieder senden kann, denn ich nehme es wahrlich nicht, um meine Treue nicht zu kränken, denn ich weiß doch, daß Niemand dem andern etwas gegen seinen Willen schenken kann, und meine Sinne wären krank, wenn ich von anders Jemand etwas nähme, als von der, der ich Zeit meines Lebens dienen will.

Wer war die großzügige Schenkerin?

So trat ich aus dem Bade und fuhr heimlich in die Stadt in meine Herberge, ich lachte des Tages nicht viel, denn ich war zornig, mir war leid, daß man mir die Kleinod ohne meinen Willen gegeben hatte; ich dachte hin und her, wer mir die Kleinod gesandt haben könnte, da fiel mir ein: ich will mir den Brief lesen lassen, vielleicht steht es darin geschrieben. Ich ließ mir den Brief lesen, der also sprach:

Könnt‘ ich mit Worten süßen
Euch, Fraue, wohl begrüßen,
Das thät ich auf die Treue mein,
Venus, viel edle Königein,
Ich will um Eure Würdigkeit
Euch immer Dienstes sein bereit,
Das hat verdient wohl Euer Leib,
Daß Euch sollen alle werthen Weib
Grüßen und auch ehren,
Eure Ehre mehren,
Ihr habt den Muth an Ehre gewandt:
Ich hab‘ Euch meine Kleinod gesandt
Um unser beider Ehre,
Und bitte Euch, Fraue here,
Daß Ihr es nehmt von mir für gut
Durch Euren tugendreichen Muth,
Ich hab’s Euch nur um Ehre gesandt
Und will Euch bleiben unbekannt,
Um nichts als um Eure Würdigkeit,
Das laßt Euch, Fraue, nicht werden leid,
Wann die Selde mir geschieht,
Daß Euch mein Auge balde sieht,
So thu‘ ich Euch selber das bekannt,
Warum ich Euch habe gesandt
Meine Kleinod, liebe Fraue mein.
Darnach müßt Ihr befohlen sein
Dem, der aller Welt pfliget
Und dem Teufel angesieget
Hat gewaltigliche,
Der nehm‘ Euch in seine Reiche
Und gebe Euch hie Ehren viel,
Mit Treuen ich das wünschen will,
Mit Herzen und mit Munde,
Aus getreuen Herzens Grunde
Wünsch‘ ich, daß ihr wohl hinfahrt
Auf Eurer ehrenreichen Fahrt.

Als mir der Brief gelesen war, war ich wieder zornig und traurig wie erst, daß die Frau sich in dem Briefe nicht genannt hatte. Die Nacht war mein Gemach, wegen meiner Sorgen, nicht gut, am andern Tage vernahm ich eine Messe und zog von dannen.

Einstellungstest am Hofstaat der Königin: Lanzenduell!

So fuhr ich gegen Oesterreich. Da ich an die Bistnic kam, sah ich lichte Schilde, geziemirte Helme und weiße Speere scheinen, Ritter kamen mir entgegen, die mich freundlich empfingen, es waren dreißig oder mehr, ihr einer hieß Herr Wolfker von Gors, ein vollkommener Ritter, der sprach zu mir: Frau Königin, ich will eine Bitte an Euch begehren, laßt mich Euer Gesinde sein, Ihr sollt mir Euer Kammer-Amt anbefehlen.

Als er noch sprach, ritt der tapfre Gotfrid von Dotzenbach zu mir, der sagte: hört meine Bitte, mich hat mein Herr hieher gesandt, der Euch willkommen heißt, es ist der Dumvogt von Regensburg, der ist Euch zu allen Diensten bereit und bittet Euch, daß ihr ihn, edle Königin, laßt Euern Marschalk sein, um Eure hohe Würdigkeit will er Euch dienen.

Ich hieß ihnen beiden sagen, daß ich ihrer zu Amtleuten froh wäre, wer aber mein Amt haben wollte, der müßte es mit Speeren empfangen; auch muß er die Tyost recht thun, denn meine Amt sind ritterlich und geben viel Mühe, mein Amtmann kann leicht die Ehre verlieren, auch kann er wohl hohen Preis erringen, darum darf kein Zager an meinen Hof kommen, denn da gibt es viel Speereskrachen.

Da sprach Herr Wolfker von Gors: »Frau, an Eurem Hof wird man ehrenreich, wenn mir Euer Kammeramt wird, will ich ihm, will’s Gott, keine Schande machen und es auch mit Speeren von Euch empfangen.« – Ja, das soll zu Dreskirchen geschehen, denn Ihr seid ein so gefüger Mann, daß ich Euch gerne zu Gesinde haben will, auch könnt Ihr Frauen wohl dienen, darum soll man Euch ehren.

Darum dankte mir der biedre Mann und ritt hinweg nach Dreskirchen, wo er sein Harnisch und Wappenkleid fand, das legte er schnell an und ward als ein Engel geziemirt. Als er wegritt, sprach der höf’sche von Dotzenbach: hochgelobte Königin, was soll ich meinem Herren sagen, daß Ihr ihm kund thut, denn mein Herr kommt gern früh zu Euch. – »Sagt dem Dumvogt, wenn er um Weib will Preis erjagen, so soll er mein Gesinde sein, will er mein Marschalk sein, so muß er Speer mit mir brechen.

Der Bewerber um das Kämmereramt kämpft sein Duell mit der Königin

Indeß kam ich nach Dreskirchen geritten, wo der biedre Mann Wolfker von Gors meiner wartete, er kam gegen mich geritten, und wie die Sonne schien mir sein Ziemir in die Augen. Als ich ihn kommen sah, sprach ich: hier kommt mein Kammerer, der auf Ritterweise mein Amt empfangen will. Da band ich meinen Helm zu Haupte, wir stapften gegen einander, und als wir nahe genug gekommen, nahm ich mein Roß mit den Sporen, und so that er dem seinen, da ward mit Kunst der Tyost so nahe geritten, daß sich die Schilde beide kluben, und daß die Splittern hoch flogen, auf beiden Helmen brachen die Speer.

So hatte mein Kammerer von mir sein Amt empfangen. Darnach bestunden mich zehn Ritter, die sieben Speer zerbrachen, denn drei verfehlten mein, diese schämten sich sehr, ich verstach eilf Speere und gab den sieben und auch meinem Kammerer Fingerlein, dem waren alle Biedern hold, ihn liebten die Frauen und alle Welt.

Mein Kammerer hatte sich und seine Gesellen sehr wohl gekleidet, selb acht kam er zu Fuß in ritterlichen Kleidern zu mir, er empfing meinen Harnisch, den er säubern ließ; zu Fuße führte er mich am Zaum in meine Herberge, gütlich sprach der Höf’sche zu mir: Fraue, Euch thut gutes Gemach noth. Da gebot er, daß man meine Herberge zusperrte bis zum Morgen früh.

Ein Vorauskommando bereitet die Ankunft in Wien vor

Da ritt mir auf der Straße der ritterliche Thumvogt entgegen, man führte vor ihm ein Banner, weiß und roth gehalbirt, darnach zogen fünfzig Armbrust-Schützen hinter ihm, die trugen alle ihre Armbrüste empor, vor ihnen gingen fünfzig Laufpferde, alle schön und schnell, mit türkischen Sätteln; denen folgten fünfzig wohlgekleidete Knappen, je zween und zween, jeglicher von ihnen führte ein Speer; nach diesen folgte wieder ein Banner, so gefärbt wie das erste, diesem nach zog man fünfzig Rosse und eben so viel Schilde, neu und leuchtend, der obere Theil war Weiß und Blau, der niedre Gold, unter diesem Wappen holte ihr Herr oft den Dank der Frauen. Darnach führte man drei hundert starker Speer, alle Knechte neigten mir und zogen schöne vor mir über: darnach sah man fünfzig Ritter in schönen grünen Mänteln reiten, von denen ich wohl empfangen wurde und denen ich höflichen Dank sagte, ihr Geschmeide klang laut, in dem sie zogen. Nach ihnen ritt der biedre Thumvogt, er trug einen Mantel von Scharlach, darüber einen Hut von Pfaufedern, köstlich mit Perlen geziert, sein Rock war von einem grünen Pfelle, manches Thier von Gold darein gestickt, welches glänzte, an seinen Beinen hatte er zwei schwarze Hosen, ein starkes Pferd trug ihn, das sanft ging, ich habe weder eh noch nachher so schönes Pferd gesehn. Als er zu mir kam, sprach der Hochgemuthe höflich: Venus, viel edle Königin, seid mir willkommen, was ich Euch dienen kann, thu ich mit rechten Treuen gerne. Ich neigte ihm und hieß ihm sagen, daß ich ihm mit Treuen ein holdes Herze trüge, da er durch seine Würdigkeit mir dienen wolle, so stiege dadurch sein Preis so höher. Er sprach: ich will Euch immer dienen, leihet mir Euer Marschalk-Amt, dessen ich mich gern heut unterwinden möchte; ich wollte in der Stadt herbergen, und ich rathe Euch, laßt jeden Ritter von Euch hie Herberge nehmen. Ich sprach: was Ihr gebietet, lieber Marschalk, das soll sein, denn jeder Dienst, den Ihr mir thut, behagt mir wohl, und was Ihr mir Ehren entbietet, damit bereichert Ihr Euch selbst.

Damit rannte der Thumvogt gegen Wien, und seine Schützen und Knappen folgten ihm eilig, seine Ritter blieben bei mir, und mit Freuden und Schimpf ward die Zeit vertrieben. Der Thumvogt beherbergte sich in der Stadt gewaltiglich, da war kein Bürger so reich, er mußte ihm die Herberge lassen; da das gethan war, bat er seine Leute, daß sie in der Stadt mit Züchten leben möchten.

Die Wiener Frauen erwarten Königin Venus

Als meine Ankunft den Frauen gesagt war, da wurde manches köstliche Kleid angelegt, jegliche hatte den Neid, daß sie sich besser als die andre kleiden wollte, denn Frauen mögen jung oder alt sein, so haben sie gern viel Gewandes, will es auch manche nicht gern tragen, so freut sie doch der Besitz, daß sie nur sagen kann: wenn ich wollte, ich könnte mich wohl viel besser kleiden, als diese und jene.

Die Frauen waren zu Wiene gut gekleidet, als ich zu ihnen ritt, alle Gassen waren voll von Frauen, davon ward ich hochgemuth, von mancher ward ich freundlich empfangen. Vor meiner Herberge hatte ein biedrer Mann, Herr Hadmar von Chunringe meiner mit einer ritterlichen Schar gewartet, vor meiner Herberge war groß Gedränge von einem Buhurt, mit dem mich Herr Hadmar von Chunringe empfing. So ritt ich in meine Herberge. Da saß ich in einem Fenster, als ein Weib gekleidet, darum litten die Biedern Ungemach, denn die Rotten ritten hin und her und stießen einander in dem Buhurt.

Da hieß ich meinem Marschalk sagen, daß er sie bäte, es zu lassen. Da ließ man den Buhurt alsbald, und alle ritten in die Herberge.

Großes Kino in Wien

So schied der Bote von mir, ich ging in mein Bett, bis der Tag erschien, da vernahm ich eine Messe und empfahl mich Gott, wie es sich geziemet, denn ohne ihn mag Niemand einen halben Tag seine Ehre behalten. Dann ging ich in meine Kammer zurück und ward wohl gewappnet, über den Harnisch legte ich ein weißes gefaltenes Röckelein, darüber gürtete ich einen Gürtel, dreier Finger breit, vor den Busen steckt ich ein spannbreites Heftelein, einen Schleier legte ich auf das Haupt. Da hieß ich meine Posaune laut blasen, damit thät man den Rittern kund, daß ich bereit wäre. Ich ging zu meinem Rosse, das mit einer silberweißen Decke verdecket war, die hatte man künstlich geschnitten und bereitet, auf dem starken schnellen Rosse saß ich. Man brachte mir dreißig Speer, alle silberfarb, mein Schleier verdeckte mein Antlitz ganz, doch konnte ich sehr gut dadurch sehn.

Da hatte sich mein Kammerer von Gors selb achte gekleidet, daß es nicht schöner sein konnte, er ging zu Fuß und nahm mein Roß am Zaum, und mancher biedre Mann folgte mir nach. Das Gedränge war sehr groß, die Fenster waren voll Frauen, deren Glanz meinem Herzen wohl that. Sanft ritt ich durch die Straßen, und hundert schön gekleidete Ritter ritten mit mir auf schönen Pferden, sie sangen und waren froh, dabei ritten sechszig gewappnete Ritter, deren Wappenkleider wonniglich waren.

So kam ich auf das Feld, wo meiner der hochgemuthe Thumvogt gewartet hatte, als er mich sah, band er seinen Helm zu Haupt und nahm ein Speer in seine Hand. Er führte einen Busch von Pfauenfedern auf seinem Helm ellenhoch, sein Wappenrock war von einem rothen Sammt geschnitten, mit schönen Eichenblättern durchwirkt, so gefärbt war auch seine Decke. Sein Schild war niederthalben Gold, das Obertheil war von Pelz mannigfach, sein Roß war schnell, stark und gut.

Von Gors mein Kämmerer sprach: Frau, viel edle Königin, hie kommt der Thumvogt gegen Euch, nehmt in Eure Hand ein Speer und sitzet fest, denn er ist ein starker Mann. Man gab mir ein Speer in die Hand, ein andrer Ritter Gundacker von Steyr war indeß herfür gekommen, der mit dem Thumvogt zugleich gegen mich rannte, ich kam ihnen entgegen, den vordern fehlte ich, aber den zweiten traf mein Tyost an den Hals, wo Schild und Helm zusammengeht, so daß das Koller aufgetrennt wurde und daß der starke Mann sich etwas neigte, beide aber verstachen auf mich ihre Speer, und der von Steyr war froh, daß er ein Fingerlein von mir verdient hatte.

Venus will nichts umsonst

Des andern Tages ritt ich von dannen und mir folgte mancher biedre Mann, wohl zweihundert Ritter. Ich zog die Straße gegen Jelsberg, wo mich der Wirth sehr wohl empfing, das war der Herr Cadolt von Felsberg, er ritt mir mit vierzig Rittern entgegen, ich wurde von ihnen schön und freundlich empfangen, der Wirth hieß mich züchtig bitten, daß ich mit ihm sein möchte, er sprach es soll die Königin durch Zucht hie mein Brot essen, denn so gern ist es Ihr noch nie geboten.

Ich hieß ihm sagen, daß er die Bitte lassen möchte, möchte ich von jemand die Herberge nehmen, so würde ich sie am liebsten von ihm nehmen, er solle es aber nicht übel haben, daß ich auf der Fahrt von Niemand etwas umsonst nehme. Er sprach: Fraue, das soll geschehen, aber ich will Euch hohe und klare Frauen sehen lassen, die Euch gerne schauen, und um sie, edle Königin, geruhet bei mir sein. Ich sprach: die Frauen will ich gerne sehen, wenn Ihr mich der Herberge erlaßt. Da ward der biedre Mann unfroh, daß ich es ihm sogar versagte, und ich ritt in meine Herberge.

Da fand ich gutes Gemach, und alsbald kam für meine Herberge Herr Dietmar von Lichtenstein in schönem Wappenkleid von leuchtender Farbe geziemirt, er hielt da mit aufgehobnem Speer; da kam mein Kammerer, Herr Wolfker von Gors zu ihm, schön geziemirt, und Herr Dietmar von Lichtenstein ritt gegen ihn, die Splittern flogen von ihrer beider Tyoste hoch, und manche schöne Fraue sah ihr Ritterspiel an. Da sie noch tyostirten, sprach ich: bringt mir meinen Harnisch, ich kann es nicht mehr mit ansehen, ich muß hier auch tyostiren.

Die Königin und die Burgfrauen

Am andern Morgen wollte ich gern fortgeritten sein, da bat ich züchtiglich den Wirth, mein Herr Cadolt von Felsberg, daß ich sein Weib und manche gute Fraue sehen möchte. Ich sprach: um ihn will ich die Frauen gerne sehen, ich will heute Messe bei ihm vernehmen. Da wurde der Bote von Herzen froh, er verkündigte es sogleich dem Wirthe, und die Frauen freuten sich.

Ich legte schöne Kleid an und ritt im hohen Muthe auf die Burg, wo man mich willig empfing; der Wirth und seine Hausfrau gingen mir entgegen, und viele Frauen folgten ihnen eine Stiege herab, deren Kleider fielen manchen Fall ab der Stiege nach dem Tritt, ihre gute Geberde, ihre sanften Sitten, ihr minniglicher Schein thaten meinem Herzen wohl. Da sie gegen mich kamen, wollte ich durch Zucht auch nicht länger stehen, ich ging ihnen entgegen, dessen lächelten alle Frauen, daß ich es so frei anfing und Weibeskleider trug und so schöne Zöpfe, darüber ward da viel gelacht. Der Hauswirth sprach: Frau Königin, seid mir willkommen. Ich neigte ihm mit Züchten; die Frauen grüßten mich auch, und ihrer einer bot ich meinen Kuß, darüber wurde sie rosenroth, dann ging ich zu einer andern, die auch vor Scham roth wurde.

Die Hausfrau nahm mich bei der Hand und führte mich in eine schöne Kirche, eine Messe sang man Gott zu Ehren, und bei mir standen viele Frauen; ich muß gestehen, daß Gott da nicht viel gedient ward. Fast hätte mich da das Netz der Minne und mancher süße Blick gefangen, der von lichten Augen ging, und nur meine Treue wandte es ab, daß ich da nicht von der Minne gefangen wurde, fast hätte es eine von den Frauen gethan, ihre gute Geberde und ihr lichter Schein brach durch meine Augen bis in den Grund meines Herzens und ihr rosenfarbner rother Mund, den ich gegen mich lachen sah und der so süß zu mir sprach: – ei, wäre mir da nicht meine Treue zu Hülfe gekommen, so hätte sie meine Sinne bezwungen….

So stand ich in Gedanken, wie die wohl thun, die sich an Weib verdenken, ich wußte nicht mehr, wo ich war, bis man das Evangelium las, da das ein andrer Pfaffe anhub, da besann ich mich zuerst wieder. Da man zum Opfer gehen wollte, bat ich die Hausfrau voran zu gehen, die sprach: dessen sollt Ihr mich erlassen, wie litte doch meine Zucht, daß ich vor einer Königin ginge? Da ging ich zum Opfer und nach mir manche schöne Fraue, man lachte sehr darüber, daß ich so ganz in Frauen-Sitte ging und mich bewegte, mein Tritt war kaum händebreit: wie langsam und sanfte ich ging, so kam ich doch wieder an die Stelle, wo ich erst gestanden hatte, da trug man das Pace her in einem Buche, das nahm ich so wie die Frauen thun; da ich das Pace empfangen, bot ich es dort und hie, aber keine Fraue wollte es empfangen ich bot es der Schönen, aber die Tugendreiche sprach: Ihr sollt des Pace’s mich erlassen, da man Euch für einen Mann hält.

Da endete sich die Messe, und ich nahm Urlaub. Der Wirth und seine Hausfrau baten mich, da zu imbissen, ich sprach: ich thäte es gern, nur habe ich es verlobt, und darum kann es nicht sein; ich habe diese Fahrt so gethan, ohne das mir Jemand etwas gegeben hat, außer der Eine, der ich zu Diensten bin, die hat mir hohen Muth gegeben. Mich segnete da mancher süße Mund, sie sprachen: Frau Königin, wohin ihr fahrt, lasse Euch Gott selig sein!

Abschied von der Rolle als Königin

Da sprach der Thumvogt zu mir: Fraue, viel edle Königin, Ihr sollt nicht länger bei uns sein, denn Eure Fahrt ist wohl vollbracht, nun laßt Euer Gesinde mit mir fahren. Ich that nach seinem Rath, und eh‘ ich schied gab ich noch neunzehn Fingerlein hin. Im Holze entwappnete ich mich und nahm minniglich von meinem Gesinde Urlaub, heimlich ritt ich mit einem einzigen Mann hinweg, der mir hold war, das war des Thumvogts Knecht, der hieß Chol von Brounhoven, der kannte alle Straßen gegen Wien durch das Land gar wohl.

Ich kam bald nach Wien und nahm heimlich eine Herberge, worinnen ich drei Tage war. In dieser Zeit wurden mir Wappenkleid für fünfzig Ritter bereitet und künstlich geschnitten. Als ich von meinem Gesinde fortgeritten war, nahm mein Kammerer meine drei Pferde, die Mäntel und die Röckelein, er legte alles, und was noch zu den Frauenskleidern gehörte, auf die Pferde, so führte er es aus der Aue, wo er die Ritter fand; da diese mich nicht mehr sahen, und wie mein Gewand auf den Pferden lag, sprachen sie: wo ist die Königin? Mein Kammerer sprach: meine Frau die Königin hat wahrlich übel an mir gethan, sie hat mich hie verlassen, daß ich nicht weiß, wohin sie gekommen ist, diese Pferde und diese Kleider sind zurück geblieben, rathet mir, was ich damit thu? Da sprach der Thumvogt: kluger Knappe, es dünkt mich gut, daß Ihr es hie den Fahrenden gebt, Euere Fraue ist wohl anders Gutes reich, daß ihr diese Gabe nicht schadet. Da sprach mein Kammerer: Herre, ich will Euch folgen. Da gab er alles den Fahrenden, und der Thumvogt unterwand sich meines Gesindes und führte es mit sich. Da ritten die Ritter wieder über die Tye nach Oesterreich, gen Felsberg, zu dem hochgelobten Wirth, Herrn Chadolt von Felsberg. Er empfing die Ritter alle wohl, sie mußten die Nacht bei ihm bleiben, und gute Speisen, Meth und Wein gab er ihnen völliglich. Am andern Tage ritten sie davon.

Der Thumvogt und der Kämmerer reden über die Statistik der Reise

Da sprach der Thumvogt auf der Straße zu meinem Kammerer: Freund du sollt mir sagen, wie viel Speer hat deine Frau auf dieser Fahrt verstochen? Der sprach: ich will es Euch sagen, drei hundert und sieben hat sie auf dieser Fahrt verstochen, und Gott hat sie sonderbar bewahrt, daß es ihr nie mißlang, ich wähnte nicht, daß das geschehen könnte, als sie die Fahrt begann; sie hat zwei hundert ein und siebzig Fingerlein hingegeben, und so viele Speere sind auf ihr verstochen, und kein einziges Mahl hat sie sich nur geneigt, sie aber hat vier Ritter mit rechter Tyost auf das Land gestochen, Gott lasse sie immer selig sein.

Da sprach der Thumvogt: Gott weiß, mir ward nie eine so rechte ritterliche Fahrt bekannt, sie hat mit Recht hohe Ehre davon gewonnen. Die Ritter, die dabei ritten, sprachen: wer sie nicht preiset, der müsse immer unselig sein, was sie gethan hat, muß man immerdar, auch in künftigen Zeiten, rühmen. Da wurde viel von mir gesprochen, diese redeten so, die andern so, manche freuten sich meines Glückes, manchen war es ein Herzeleid. Wohl dem, der so beneidet wird!

Ein Wunder! Aus der Königin ist ein Mann geworden!

Die Ritter waren nun nach Wien gekommen, auch mein liebes Gesinde, worüber ich von Herzen froh war. Da forderte ich die Pferde, um in der Stadt den Thumvogt zu sehen, aber ehe die Pferde mir bereit waren, ritt der biedre höf’sche Mann schon in meine Herberge und sprach: Gott grüße Euch, Königin, Gott hat Wunder gethan, daß Ihr nun seid ein Mann geworden, da Ihr doch vor vier Tagen ein Weib ward; daß Ihr Euch so verwandeln könnt, ist zu verwundern. Da lachten viele Ritter, sie kamen alle in meine Herberge, mancher Schimpf ward gesprochen, auch trug man ihnen Wein zum Trinken her.

So weit die Abenteuer der Königin Venus.

Nochmals in aller Deutlichkeit: das ist nicht autobiografisch, das ist bloß ein Roman. Aber einer, der den Nerv der Zeitgenossen und auch der nachfolgenden Generationen getroffen hat.

Die Herrschenden könnten sich zu allen Zeiten Extravaganzen leisten. Immer wieder gibt es an Herrscherhöfen quer durch die Geschichte Berichte von Crossdressern. Egal ob es nun Könige, Caesaren oder Verwandte von Herrschenden waren. Trotzdem war ein Ritter, der eine ganze Reise im weiblichen Inkognito macht, sicherlich etwas Besonderes.

Was ich auffällig finde:

  • Die Tatsache, dass Ulrich die Erzählung überhaupt einfiel und dass sie so viel Resonanz fand, zeigt, dass so was immerhin denkbar war.
  • Die Romanfigur hält ihr weibliches Inkognito konsequent durch! Wenn sie sich nicht gerade duelliert, dann trägt sie Frauenkleidung und macht alles nach Frauensitte.
  • Alle anderen Beteiligten, egal ob befreundete Ritter, Gegner, Diener oder sonstige spielen das Spiel mit und behandeln die Königin wie eine Königin. Das ist für alle ein Riesenspaß und niemand fühlt sich negativ berührt.
  • Die Frauen sind von der ganzen Aktion schwer begeistert. Sie empfinden die Reise als das, was sie auch sein soll: ein Liebesdienst für die Frauen, eine Huldigung an das weibliche Geschlecht.

Mehr zum Thema

© Jula 2009

(1) Einen Ring
(2) Garcon = Knappe
(3) Ein Pfeifer
(4) Ein Trommler
(5) Geigenspieler
(6) Statthalter, Bürgermeister
(7) Spangennadel, die Kleidungsteile zusammenhält
(8) Schutz des Halses aus Kettengeflecht und Eisenplättchen
(9) Lanzenkampf
(10) Anrennen auf den Gegner
(11) Schleier
(12) Ritterkampfspiel in zwei Gruppen
(13) Oberschenkel
(14) Forst, Waldstück
(15) Rüstung
(16) Blumenkranz
(17) übers.: Gott zum Gruße, königliche Venus

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