Müssen wir wirklich so viel Angst vor der Begegnung mit anderen Menschen haben?
Was ist es, was die meisten von uns hindert, in der von ihnen gewünschten Geschlechtsrolle in die Öffentlichkeit zu gehen?
Es ist nicht die Scham, obwohl viele von uns darunter leiden, dass sie nicht so normenkonform sind, wie sie nach außen scheinen.
Es sind nicht die fehlenden Gelegenheiten, obwohl viele von uns in Familie und Beruf so eingebunden sind, dass sie nur selten und wenig Zeit für sich selbst haben.
Es ist die Angst!
Die Angst, dass der Schritt vor die Türe, den wir uns so sehr wünschen, unser Leben zerstören könnte.
Die Angst, dass wir körperlich oder seelisch tief verletzt werden, obwohl wir doch nur versuchten, ein wenig mehr wir selbst zu sein.
Weil wir uns mit dem Schritt in die Öffentlichkeit so präsentieren, wie wir sind, fühlen wir uns dadurch schutzlos und angreifbar.
Vielleicht haben wir das Gefühl, wir würden andere Menschen provozieren, weil wir gegen ungeschriebene Regeln verstoßen.
„Ein Mann schminkt sich nicht, trägt keine Kleider und Pumps!“
Eventuell fühlen wir in uns, dass wir gar kein Mann sind, zumindest kein „richtiger“. Aber wir wissen, dass wir für einen Mann gehalten werden und trotz Schminke, Perücke und Frauenkleidung als solcher erkannt werden können.
Und wir haben Angst vor dem was dann passiert. Oder zumindest passieren könnte.
Wir fürchten uns davor, zum Opfer zu werden. Aggression, Demütigung, Verletzung – all das fürchten wir, wenn wir im Zimmer vor dem Spiegel stehen und überlegen, ob wir es wagen können diese Frau, die wir nun mal sein müssen, der Welt zu präsentieren.
Wir haben Angst, dass sie nicht akzeptabel ist für die Menschen da draußen, dass sie geschmäht und verlacht wird.
Wenn wir nicht Angst um uns selbst haben, dann sorgen wir uns um unsere Familien. Was, wenn wir erkannt werden? Wenn die Kinder sich dafür rechtfertigen müssen, was ihr Vater tut?(i)
Für viele von uns sind diese Gründe so gewichtig, dass sie daheim bleiben, obwohl sie es sich vielleicht anders wünschen würde.
Und denjenigen von uns, die trotz ihrer Ängste rausgehen, machen es die Ängste zusätzlich schwer.
Deshalb habe ich (primär natürlich für mich selbst) überlegt, ob es nicht Aspekte gibt, die einem das Ganze etwas erleichtern können.
Gibt es für uns Möglichkeiten die Gefahren zu minimieren oder gar zu vermeiden?
Die Angst vor Entdeckung und den daraus eventuell erwachsenden Konsequenzen für Beruf, Privatleben und vor allem unsere Familienmitglieder ist ein Thema, das jede von uns individuell behandeln muss. Die Lösung ist auf der Hand liegend: wenn es nur das ist, was einen hindert, dann lebt man sich als Frau an Orten aus, wo die Gefahr der Entdeckung gering ist. Nur für die ganz prominenten von uns ist selbst das keine Option.
Auch die Angst davor auffällig zu sein und Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, ist ein sehr individuelles Thema, weil jede von uns andere Voraussetzungen hat. Manche wollen sogar auffallen, anderen ist es hochgradig unangenehm, wenn sie bloß kritisch angeschaut werden.
Mir geht es im folgenden um die Angst vor persönlichen Übergriffen, vor Demütigung und vielleicht sogar Gewalt. Und dabei in erster Linie um die Auseinandersetzung mit der Frage, wie realistisch diese Angst überhaupt ist. Denn wenn es da draußen vielleicht gar nicht so viel gibt, vor dem ich Angst haben muss, dann ist kann ich mit einem anderen Selbstbewusstsein nach draußen gehen.
Fehlendes Selbstbewusstsein ist ein eigenes, aus der Furcht folgendes Problem. Weil wir Angst haben, angegriffen zu werden, gehen wir schon vorsorglich in Deckung. Nicht im wörtlichen Sinne, aber im übertragenen.
Wir wechseln die Straßenseite, wenn uns jemand entgegenkommt. Wir ziehen den Kopf zwischen die Schultern und schauen entweder nach unten oder ängstlich auf die Leute, um zu sehen, wer von denen uns wohl lächerlich findet oder gar plant uns mit Worten oder schlimmerem anzugreifen. Wir fürchten uns so sehr vor der Aggression der anderen, dass wir sie fast schon als selbstverständlich erwarten. Und das spüren die Menschen um uns herum. Wir sind dadurch zunächst nicht einfach eine normale Frau, sondern wir fallen auf, weil wir unsere Unsicherheit über unsere Haltung und unser Verhalten kommunizieren.
Doch was passiert wirklich, wenn wir anderen Menschen gegenübertreten? Müssen wir wirklich direkt mit Aggression rechnen?
Was passiert genau bei einer Begegnung mit Unbekannten?
1) Wahrnehmung des Gegenüber
Diverse Signale werden empfangen. Das Aussehen, der Geruch all das wird in Sekundenbruchteilen aufgenommen und im Unterbewusstsein verarbeitet.
2) Interpretation auf Basis von Vorerfahrungen, Stereotypen
Neben dem Geschlecht gibt es weitere, wichtige Aspekte wie Alter, ethnische Zugehörigkeit, soziale Stellung. All das wird schon auf den ersten Blick vermittelt. Teilweise mit Gewissheit, teilweise mit Unschärfen und teils als Hypothese. Hinzu kommt noch der soziale Kontext der Begegnung, der ebenfalls prägend dafür ist, wie ich mich verhalte. Ich werde beliebige Menschen auf einem Fußballplatz anders begrüßen als in einem Konferenzraum oder in der Oper.
3) Kommunikation auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse
Schon die Art und Weise, wie ich jemanden begrüße, hängt davon ab, was ich bis jetzt erfahren habe oder erfahren zu haben glaube. Es wäre zumindest unhöflich, in den meisten Fällen sogar dumm, die Information aus dem Erscheinungsbild nicht korrekt zu nutzen. Einen alten Menschen werde ich anders begrüßen als einen Jugendlichen oder ein Kleinkind, einen Mann anders als eine Frau usw.
Nachlässigkeiten oder gar Fehler, die man sich hier erlaubt, sind schwer wieder gut zu machen.
Hier gilt schonungslos der bekannte Spruch: „Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck!“
Also ist man gut beraten, in dieser kritischen Phase möglichst keine (groben) Fehler zu machen. Zumindest dann, wenn die vage Chance oder besser das Risiko besteht, die andere Person wiederzutreffen oder gar näher mit ihr zu tun zu haben.
Das ist also die Startsituation und sie ist per se bzw. im „Normalfall“ schon nicht einfach. In Blitzesschnelle müssen Eindrücke interpretiert und zu situativ richtigem Verhalten umgesetzt werden. Wir tun das alles üblicherweise weitgehend automatisiert und ohne größeres nachdenken.
Diese erste Phase ist wichtig, weil wir einen guten Eindruck machen müssen. Und das setzt voraus, dass wir die Person uns gegenüber so behandeln, wie sie es wünscht und vor allem, wie sie es gewohnt ist.
4) Transgender verunsichern ihre Kommunikationspartner
Eigentlich bin ich gewohnt, das umgekehrt zu sehen. Mein Fokus liegt auf der Angst bzw. den Bedenken, wie und ob ich wohl von anderen akzeptiert werde.
Dabei bin ich theoretisch in der besseren Situation. Ich sehe den anderen und weiß wie er angesprochen werden will, wie ich mich verhalten muss, damit er zufrieden ist.
Umgekehrt ist es für unsere Gegenüber schwieriger. Wenn wir in unserem aktuellen Erscheinungsbild nicht absolut perfekt sind – und leider genügen trotz aller Bemühungen nur die wenigsten von uns diesem Anspruch voll und ganz – dann werden wir unsere gegenüber vor Probleme stellen. Durch unsere nicht komplett widerspruchsfreie Erscheinung wird der routinierte Ablauf des „Standardprogramms“ gestört. Kurz gesagt: wir verunsichern unsere Gesprächspartner in dieser ersten Phase des Gesprächs, wenn sie noch keine weiteren Informationen von uns bekommen haben.
5) Keine Rechtfertigung!
Früher habe ich gedacht, mein Problem im Kontakt zu anderen Menschen läge darin, dass ich unter einen moralischen Rechtfertigungsdruck geraten würde. Dass also die erste Frage an mich regelmäßig wäre, was ich denn da überhaupt tue und warum ich mich so ungeöhnlich verhalte.
Doch das ist gar nicht das, was meine Gesprächspartner in der ersten Phase des Kontakts beschäftigt. Die sind nämlich von viel schlichteren, aber für sie wichtigeren Fragen in Beschlag genommen. Die lauten „Ist das jetzt ein Mann oder eine Frau?“, „Wie soll ich ihn bzw sie anreden?“ oder ganz allgemein „Wie soll ich mich jetzt verhalten?“
Die Frage der ethisch-moralischen Einordnung meiner Person mag sich vielleicht stellen – aber irgenwann später, wenn überhaupt. Zunächst steht die Verunsicherung, wie man sich verhalten soll, wenn die übliche Routinen nicht greifen, im Mittelpunkt.
6) Unsere Aufgabe: Sicherheit geben
Da wir in dieser Situation die stärkere, weil nicht verunsicherte Partei sind, liegt es an uns, unserem Gegenüber Hilfetellung zu geben. Das ist gar nicht so schwer. Wir müssen bloß dafür sorgen, dass er oder sie schnell auf vertrautes Gelände kommt.
– Sicherheit geben: „Hallo, ich bin <Vorname>“ oder „Guten Tag, ich bin Frau <Nachname>. So stellen wir schnell klar, wie wir angeredet werden wollen und vor allem, welche geschlechtsrollenbezogenen Verhaltenserwartungen wir für uns akzeptieren.
– Vertrauen schaffen: lächeln, freundlich sein.
und vor allem
– das Problem dort lassen, wo es hingehört: bei unsrem Gegenüber. Ungefragte Erklärungen, was man ist, helfen in dieser Situation nicht weiter. Sie schaffen nur neue Probleme. In seiner aktuellen Verhaltensunsicherheit will der andere keine Erklärungen, sondern bloß wissen, wie er sich richtig verhält.
Je kompetenter und selbstverständlicher wir in der von uns gewählten sozialen Rolle agieren, um so leichter machen wir es unserem Gesprächspartner.
Und das wird er oder sie uns danken!
Die Entlastung, von Verhaltensunsicherheit befreit zu sein, wird durchwirken auf die weitere Kommunikation. Wenn man auf vertraute Kommunikationsmuster- und modelle bezug nehmen kann (und da ist es egal welche!) dann vereinfacht das die weitere Gesprächsführung sehr. Und wenn dann die Kommunikation gut läuft, wieso sollte mein Gesprächspartner durch Fragen nach dem Warum und wieso die Lage wieder kompliziert machen?
So weit die Theorie. Zur Erläuterung, wie das was ich gesagt habe funktioniert, möchte ich es praktisch machen.
Typische Personengruppe: Verkaufspersonal!
Wenn wir – egal ob als Mann oder Frau – unterwegs sind, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir etwas kaufen und so mit Verkaufspersonal in eine Kommunikation eintreten.
Diese Menschen haben ein zentrales Interesse: sie wollen Umsatz machen! Ganz egal, wie sie mich finden (falls sie das überhaupt interessiert), sie werden sich so verhalten, dass ich mich wohl fühle und vor allem kaufe. Also werden sie ich so behandeln, wie ich ihrer Einschätzung nach behandelt werden will und mich, wenn solche überhaupt vorhanden ist, möglichst nichts von ihrer Verunsicherung spüren lassen.
Okay, das ist jetzt eine generalisierende Aussage, die nicht für jede Verkaufskraft in jeder Situation stimmt, aber den Normalfall gibt sie meiner Einschätzung nach schon wieder.
Wenn die Verkäuferin oder der Verkäufer hier versagt und mich verunsichert oder gar verprellt, dann werde ich reagieren. In der Regel damit, dass ich mich zurückziehe und (der entscheidende Punkt) nichts kaufe.
Also wird das Ladenpersonal bemüht sein, mich möglichst so zu behandeln, wie ich das möchte. Das ist relativ einfach, wenn ich mich eindeutig männllich oder weiblich präsentiere.
Aber was, wenn nicht? Bzw. wenn ich mich eindeutig präsentiere, aber ungewöhnliches für einen Mann tue?
Wie ich felsenfest glaube: nichts härtet mehr ab, als in männlicher Version Frauenkleidung kaufen zu gehen und diese auch anzuprobieren. Denn in dieser Situation verhalten wir uns tatsächlich quer zu wahrscheinlichen Erwartungen.
Mann kauft Frauenkleidung 1:
In einer Kleinstadt war ich mit meiner Frau in einer Damenboutique (also ein Laden, der keinerlei Männersachen im Angebot hatte) und habe Klamotten anprobiert. Meine Frau hatte ein Shirt schon zur Kasse getragen. Während ich mich wieder anzog, wurde meine Frau von der Verkäuferin (die von mir nichts mitbekommen hatte) in ein Gespräch verwickelt, wie toll das Shirt sei.
Vorhang auf, Auftritt Mann.
Nicht gefallende Shirts weghängen, mit Damenhose über dem Arm auf die aufmerksam gewordene und zunehmend fassungslos guckende Verkäuferin zugehen.
„Hallo, ich nehme die Hose und das Shirt!“
„…“
Die Pause wird begleitet von einem irritierten Blick. Doch sie sagt nichts.
Ich gebe ihr die Kreditkarte und ändere dann meine Entscheidung. Statt der männlichen kriegt sie von mir meine Jula-Kreditkarte hingelegt.
Sie starrt auf den Namen, dann auf mich. Jula!? Jetzt weiß sie gar nichts mehr. Sie sucht den Blickkontakt zu meiner Frau, aber die fixiert etwas offensichtlich wahnsinnig interessantes an der Wand.
Was tun, wenn man verwirrt ist, aber sich nicht traut zu fragen? Auf Routineprogramm umschalten. Karte durchziehen, Beleg zur Unterschrift hinlegen, Unterschrift kontrollieren (!), Sachen einpacken, freundlich verabschieden.
Als wir auf der Straße waren, haben wir erst mal ausgiebig gelacht.
Mann kauft Frauenkleidung 2
Ich habe ja schon ein Betty Barclay Erlebnis auf meiner Site. Bei einem weiteren Besuch dort in Schlips und Kragen hatte ich die Reprise und diesmal war ich vorbereitet.
Eine neue Garderobenwächterin (die andere kennt mich inzwischen): „Wieviele Sachen hat denn ihre Frau schon?“
„Welche Frau?“
„Na Ihre!“
„Wieso?“
„Zum anprobieren!“
„Da ist keine Frau!“
„Doch. Die Frau der sie die Sachen bringen!“
„Die probiere ich selber an!“
Sie beharrt „Aber ich muss doch wissen, wieviele Sachen die Frau …“
„Ich probiere die Sachen selber an!“
„Ach so!“
Plötzlich lacht sie fröhlich und ich werde von ihr in den Arm genommen.
„Da haben sie recht! Die Sachen sind ja auch viel schöner!“
Sie hängt noch fröhlich an meinem Arm als ich schon fast bei der Umkleidekabine bin.
Natürlich habe ich die beiden Erlebnisse auch deshalb hier mitgeteilt, weil ich sie witzig finde. Aber vor allem als Beleg für das, was ich vorher gesagt habe.
In der ersten Situation habe ich die Verkäuferin ganz bewusst nicht nur in ihrer Verunsicherung gelassen, sondern die Unsicherheit sogar noch bewusst geschürt. Ich war einfach neugierig, was passiert. Letztendlich nichts spektakuläres, doch es war deutlich zu erkennen, wie die Verunsicherung größer und größer wurde und sie letztendlich das einzig vernünftige tat: weiter machen, als wäre nichts! Denn ehe sie mich als Kunden (oder doch Kundin?) verägert, stellt sie lieber ihre Irritationen hinten an.
Etwas anderes können wir aus dem zweiten Beispiel lernen.
Zunächst: Vorurteile haben Beharrungskräfte. Obwohl ich gesagt hatte, was Sache ist, machte die Verkäuferin zunächst weiter wie gehabt, weil es nicht in ihre Vorstellungswelt passte, dass ein Mann Frauensachen anziehen möchte.
Beim zweiten Mal war es dann nicht zu übersehen: Der Mann will die Frauensachen anprobieren. Aber ich schaute sie freundlich an, war offensichtlich irgendwie „nett“.
Wenn man weiß, um was es geht, dann kann man es akzeptieren, auch wenn es zunächst ungewöhnlich war.
Mit meiner eindeutigen Aussage, war klar, was ich wollte.
Also war es doch ganz einfach, oder? Die Erleichterung, zum Routineprogramm „Anprobe“ mit dem Zählen der Teile und der Ausgabe der korrekten Nummer übergehen zu können war der Dame deutlich anzumerken. Wieso sonst sollte sie mir um den Hals gefallen sein. Alles in Ordnung! Anprobe! Findet halt die gleichen Sachen schön, wie ich! Sind ja auch schöner! Alles bestens!
Gut, das waren jetzt Beispiele zu Verkäuferinnen. Aber was ist mit dem Rest?
Was ist mit Busfahrer*innen, Passant*innen, Polizistist*innen, Kellner*innen?
Nichts anderes! Die dargestellten Abläufe sind bei allen Kontakten die gleichen mit nur leichten Modifikationen.
Es gibt nur wenige theoretische Standardsituationen:
1) Wir werden gar nicht erst bewusst wahrgenommen.
2) Wir werden wahrgenommen, aber es kommt zu keiner Kommunikation.
3) Wir werden unproblematisch als Frau eingeordnet.
4) Unsere Gegenüber erkennen den Mann hinter der Fassade und sind verunsichert, weil sie sich nicht sicher sind, wie sie uns behandeln sollen.
Nur im 4. Fall gibt es überhaupt Handlungsbedarf und dann haben wir – wie dargestellt – die Chance, die Weichen schnell in die richtige Richtung zu stellen.
Wenn wir das tun und so freundlich sind, den Leuten ihre Unsicherheit zu nehmen, dann werden sie uns das danken und uns so behandeln wie wir behandelt werden wollen.
Schlussfolgerungen
Natürlich ist es trotz allem, was ich geschrieben habe, nicht von der Hand zu weisen, dass wir in mindestens dem gleichen Umfang, wie eine Frau, die sich in die Öffentlichkeit begibt, der Gefahr von Übergriffen ausgesetzt sind.
Es wird immer Menschen geben, die darauf warten, Opfer zu finden und vermeintlich Schwächere zu belästigen, zu quälen oder gar zu missbrauchen. Daran solltest du denken, wenn du nachts durch dunkle Straßen oder Unterführungen oder durch Parks gehst! Ebenso wie jede andere Frau solltest du dir der Risiken bewusst sein.
Aber vor den meisten Menschen brauchst du dich nicht zu fürchten. Vielleicht finden sie dich seltsam, aber sie wollen dir nichts Böses.
Im direkten Kontakt musst du dir bewusst machen, dass deine Gegenüber eventuell verunsichert sind. Sie brauchen deine Unterstützung und Hilfe. Und wenn du sie ihnen gibst, dann werden sie dir dafür dankbar sein.
Die wenigsten Leute da draußen warten auf eine von uns, damit sie jemanden demütigen können! Die wenigsten Leute wollen Streit und ärger! Den allermeisten geht es ebenso wie dir und mir: sie sind froh, wenn sie „ihr Ding“ machen können und wenn es sich so ergibt dann angenehme Kontakte zu anderen Leuten haben.
Querverweise:
- Die mehr praktischen Aspekte des Rausgehens, speziell Hilfe zu der Frage, an was man alles denken sollte, behandelt meine Ausgangshilfe
- Als Frau rausgehen, bedeutet, dass man etwas für einen Mann sehr ungewöhnliches tut. Das ist eigentlich eine bemerkenswerte Leistung: Abenteuer
- Was würde ich jemandem sagen, der in mir den biologischen Mann erkannt hat? Erwischt
© Jula 2008
Fußnote
(i) Weil ich mir nicht sicher war, ob die Sache mit der Angst nur meine individuelle Thematik ist, habe ich versucht, die Behauptung empirisch abzusichern. Ich habe folgendes Posting in zwei von mir besuchten Foren gepostet:
Hallo,
bekanntermaßen (oder müsste ich doch besser schreiben „gerüchteweise“) ist es nur eine Minderheit der Trannies, die sich nach draußen wagt.
Und mit „draußen“ meine ich nicht, bei Dunkelheit durch verlassene Straßen oder Waldwege zu laufen oder zu einem Trannieevent zu fahren, vom Parkplatz in die geschlossene Veranstaltung zu huschen und wieder zurückzufahren.
Mit „draußen“ meine ich, bei Tag oder Nacht durch Straßen oder in Kneipen zu gehen und sich den Blicken und Reaktionen der Welt auszusetzen. Es bedeutet, als Frau einkaufen zu gehen oder ins Kino oder Sport zu treiben.
Wir lesen und reden hier viel über die tollen Erlebnisse von denen, die in freier Wildbahn unterwegs sind.Das machen jedoch (vermutlich) nur die wenigsten von uns. Obwohl ich nach den Umfageergebnissen in dem Thread neulich, nicht sicher bin, ob wir hier in relevantem Maße „Stubentransen“ (jaja, das Wort ist diskriminierend, aber doch auch irgendwie witzig) haben.
Ich vermute, viele von denen, die nicht nach draußen gehen, würden eigentlich schon gerne.
Ich würde von euch gerne erfahren, warum sie es nicht tun.
Warum gehen wir nicht raus? Was hindert uns?
Die Umfrage wendet sich konkret an diejenigen von uns, die entweder nicht rausgehen oder bei denen es eine Zeit in ihrem Leben gab, in der sie zwar gerne rausgegangen wären, es aber aus bestimmten Gründen nicht getan haben.
1) Weil ich mich schäme
2) Weil ich Angst habe
3) Weil ich keine Zeit/Gelegenheit habe
4) Weil ich das meiner Familie (Frau, Kinder, Eltern) nicht antun kann
5) Andere Gründe (bitte im Posting erläutern)
Ich habe übrigens die Nummer 2 angekreuzt.
Eine sehr lange Zeit in meinem Leben, war es für mich unvorstellbar, dass ich mit meinen körperlichen Voraussetzungen als Frau auf die Straße gehen könnte. Ich hatte schreckliche Angst, dass ich ausgelacht, verhöhnt, gedemütigt werden würde.
Meine Vermutung ist, dass es den meisten so geht bzw. ging wie mir: die Angst vor den
Menschen da draußen hat uns daran gehindert, als Frau in die Welt hinaus zu gehen.
Aber stimmt das überhaupt?
Die Rückmeldungen brachten ein eindeutiges Ergebnis. In beiden Foren kreuzten mehr als 50 Prozent ebenso wie ich die Nummer 2 an.
Angst ist also der bei weitem wichtigste Faktor, wenn es um die Frage geht, warum Trannies sich nicht auf die Straße trauen.
Auch in den Postings spiegelte sich wieder, dass Angst nur für wenige kein Thema ist