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Respektvoller Umgang mit Transgendern

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Ich will nicht behandelt werden, als wäre ich normal. Ich bin normal!

In dem Artikel Begegnungen habe ich mich mit der Unsicherheit auseinander gesetzt, die Transgender haben, wenn sie anderen Menschen begegnen und nicht wissen, wie diese auf sie reagieren werden. Wie ich dort bereits gesagt habe, ist die Unsicherheit durchaus gegenseitig. Angeregt durch einige englische Artikel, die in guter Form Tipps für den respektvollen Umgang mit Transgendern geben (z.B. http://m.wikihow.com/Respect-a-Transgender-Person). In Erinnerung an viele gute und einige ungute Erfahrungen in Gesprächen mit Bekannten und Verwandten, möchte ich einige Hinweise geben, die dir helfen können, ungewollte Verletzungen zu vermeiden.

Transgender sind selbst in unserer modernen Gesellschaft noch etwas Exotisches. Wenn du also ein/eTransgender kennenlernst, oder (was viel wahrscheinlicher ist) von einer Person, die du schon länger kennst, erfährst, dass sie Transgender ist, dann stellt sich die Frage, wie du mit dem Thema umgehen sollst. Wahrscheinlich ist es für dich neu und du weißt wenig oder nichts darüber. In der Schule hören wir weder im Biologie- noch im Sexualkundeunterricht irgendetwas darüber. Und dann triffst du plötzlich eine solche Person und hast die Chance, alles darüber zu lernen. Andererseits ist es auch sehr fremdartig, denn vermutlich hast du dir wohl nie gewünscht ein anderes Geschlecht zu haben. Vermutlich hast du nicht einmal darüber nachgedacht, sondern dein Geschlecht immer als selbstverständliche Tatsache angenommen. Da ist es schon komisch, wenn man erfährt, dass es Menschen gibt, für die das vollkommen anders ist

Die beiden Gefühle, die dich jetzt wahrscheinlich anspringen sind Neugier und Unsicherheit.
Neugier, weil du ja wissen willst, was eigentlich mit der Person los ist und was das bedeutet.
Unsicherheit, weil Transidentität etwas Fremdes und Unerwartetes ist. Sie zwingt dich vertraute Pfade zu verlassen und deine Beziehung zu der Person neu zu definieren.

Wie sollst du dich also verhalten?

1. Verhalte dich normal, denn Transgender sind normal

Transgender mögen untypisch oder ungewöhnlich sein, doch wir sind nicht unnormal. Wir sind ganz normale Menschen mit Vorlieben, Abneigungen, Macken und Fähigkeiten. Und so wollen wir auch behandelt werden.

  • Je selbstverständlicher du uns in der Geschlechtsrolle unserer Identität behandelst, desto besser und angenehmer ist es für alle Teile.
  • Lass nichts im Dunkeln. Wenn du etwas schwierig findest, dann lass es die Person wissen. Mit einer offenen und ehrlichen Antwort kann man immer besser umgehen, als mit einem Rückzug.

2. Akzeptiere die Geschlechtsrolle, die die Person für sich beansprucht

Das ist das Wichtigste überhaupt. Die Person möchte nichts mehr, als von dir und anderen Menschen in der Geschlechtsrolle akzeptiert werden, die ihrer Identität entspricht. Und vor nichts hat sie mehr Angst als davor, nur wegen ihrer Genetik einer ungeliebten Geschlechtsrolle zugewiesen zu werden.

Das wichtigste Instrument, mit dem du diese Akzeptanz vermittelst, ist die Sprache. Benutze die Sprache so, wie es zu der Geschlechtsrolle der Person passt. Wenn du das tust, ist die Welt für Transgender  meist schon in Ordnung.

Das ist eventuell speziell bei Menschen wie mir, die nicht dauernd in der gleichen Geschlechtsrolle leben, sondern sie anlassbezogen wechseln, nicht nur schwierig sondern sogar nervig. Es ist aber trotzdem wichtig.

  • Benutze die Sprache so, wie es zu der Geschlechtsrolle der Person passt. Sprich die Person mit dem Namen an, mit dem sie angesprochen werden möchte. Zum Beispiel wird eine Person, die sich selbst als Frau identifiziert, weibliche Worte und Pronomen wie „sie“, „ihr“, „Freundin“ oder „Angestellte“ bevorzugen. Jemand, der sich als Mann identifiziert wird männliche Begriffe, wie „er“, „sein“ usw. bevorzugen. Neuerdings gibt es auch Tendenzen zu geschlechtsneutralen Begriffen. Das Schwedische und Englische kennen z.B. solche Pronomen. Im Deutschen sind Personen, die auf strikter Genderneutralität bestehen noch sehr selten. Im Zweifel frage nach, welche Pronomen die Person bevorzugt, wenn über sie gesprochen wird und respektiere diese Wahl. Ernsthaft, wenn du möchtest, dass ihr zwei Freunde bleibt, dann wirst du den Wunsch respektieren müssen und so von ihr reden, wie sie sich gerade präsentiert und nicht so wie du sie immer gekannt hast. Ungeachtet der Tatsache, dass sie tatsächlich die Person ist, die du immer gekannt hast, weißt du es jetzt besser.
  • Wenn du unsicher bist, wie du über ein Thema sprechen sollst, dann lege das offen. Stell dich darauf ein, dass du korrigiert wirst und sei nicht beleidigt, wenn das passiert.
  • Sei sehr vorsichtig, die Geschlechtsidentität einer Person als „Entscheidung“ oder „Wahl“ zu bezeichnen. Geschlechtsidentität ist keine Sache der Entscheidung, sondern sie ist, wie sie ist. Die Entscheidung besteht für die meisten lediglich darin, ob und wie sie ihr wirkliches und authentisches Geschlecht leben oder nicht. Für manche ist es sogar die Entscheidung, ob sie leben oder nicht.
  • Stelle keine Fragen, die in irgendeiner Weise die Geschlechtsidentität der Person in Zweifel ziehen. Transgender haben meist intensive Kämpfe mit sich selbst geführt, bis sie zu der Erkenntnis kamen, dass es nun mal so ist. Insbesondere dann, wenn ihr Körper in keiner Weise Anlass gibt zu vermuten, dass sich in ihm eine Frau oder ein Mann verbirgt.
  • Besonders tückisch ist es, wenn du eine Person kennst, die beide Geschlechtsrollen lebt und du sie auch in beiden Rollen kennst und erlebst. Hier gilt als Standardregel: rede die Person gemäß der Geschlechtsrolle an, die sie gerade einnimmt. Wenn das nicht eindeutig ist solltest du im Zweifel die Geschlechtsrolle der Identität nutzen. Ich fühle mich z.B. praktisch immer als Jula und werde fast immer gerne so angeredet, selbst wenn ich gerade mal wieder den Mann spiele.

3. Scheue dich nicht, Fragen zu stellen

Manche Transgender gehen mit dem Thema offen um, aber für viele ist es eher schwierig. Die meisten, jedoch sicher nicht alle Transgender sind gleichwohl bereit, Fragen zu ihrer Identität und ihrem Geschlecht zu beantworten.

Das Thema, um das es geht, ist höchstpersönlich und vermutlich bei der betroffenen Person mit vielen schmerzhaften und demütigenden Erfahrungen verbunden.

  • Sei bereit zuzuhören. Viele Transgender haben nur wenige Personen, mit denen sie ihre Erfahrungen teilen können. Manche haben dieses Thema sogar jahrzehntelang vor aller Welt geheim gehalten. Manchmal ist es hilfreich für sie und vielleicht auch für dich, wenn sie anderen von sich und ihrer Thematik erzählen können.
  • Frage um Erlaubnis, bevor du Fragen stellst. Selbst wenn du zu wissen glaubst, dass es für die Person kein Problem ist, ist sie vielleicht aktuell nicht in der Stimmung. Dann ist es unangemessen, nicht zu fragen. Sage ruhig, dass es dich interessiert, aber sei auch offen dafür, dass die Person nicht reden möchte.
  • Sei sensibel, wenn du Fragen stellst, die sich unveränderliche Aspekte beziehen. Frage z.B. niemals, ob ein Transmann jemals so groß sein wird wie ein durchschnittlicher Mann oder ob die Hände einer Transfrau nicht auffällig groß sind. Das tut echt weh!
  • Achte darauf, wie es der Person geht, während ihr miteinander redet. Manchmal ändert sich das Wohlbefinden durch die Unterhaltung. Mach keinen Druck und sei dankbar für die Informationen, die du bekommst.

4. Respektiere die Intimsphäre

Das Thema Geschlecht lässt sich kaum ohne sexuelle und körperliche Aspekte denken. Das gehört untrennbar mit dazu, wenn man ein bestimmtes Geschlecht hat. Aber diese Aspekte einer Person sind zugleich sehr intim. Für Transgender sind sie sogar besonders schwierig, da sie viel mit ihrer Selbstdefinition und den Schwierigkeiten, die sie mit ihrem Körper haben, zu tun haben.

  • Identität ist nicht Sexualität! Du solltest nicht annehmen, dass die Sexualität einer Person mit ihrer Geschlechtsrolle parallel geht, denn sie tut es nicht zwangsläufig. Es gibt Transgender, die Männer lieben, Frauen, beides, sich unsicher sind oder auch asexuell. Wenn die Person ihr von ihrer sexuellen Orientierung erzählt, dann nutze die Begriffe, die sie gebraucht.
  • Sei vorsichtig mit privaten und persönlichen Fragen. Selbst so „offene Bücher“ wie ich, mögen es nicht, ihr Sexualleben mit anderen Menschen zu besprechen. Wenn du etwas über solche Aspekte wissen möchtest, dann frage lieber allgemein. Das ist ein großer Unterschied!
  • Wenn du Fragen nach den Genitalien stellen musst, dann solltest du dafür extra um Erlaubnis fragen. Auch dann, wenn du die allgemeine Erlaubnis hast, Fragen zu stellen. Es ist nämlich sehr wahrscheinlich, dass dort die Offenheit aufhört. Redest du gerne über deine Geschlechtsteile? Aber manchmal ist die Frage doch sehr wichtig und muss gestellt werden. Das ist okay, solange du vorher um Erlaubnis gefragt hast.
  • Ein guter Ansatzpunkt ist die Relevanz. Es mag dich natürlich interessieren, ob diese Person Hormone nimmt oder sich „operieren lassen“ hat, aber wenn das nicht relevant für eure Beziehung ist, dann solltest du solche Fragen nicht stellen. Im Grunde sind die meisten solcher Fragen in den meisten Situationen tabu.

5. Es gibt viele Wege!

Es gibt viele unterschiedliche Wege, wie Unterschiede in der Geschlechtsidentität ausgedrückt werden können. Sie reichen von möglichst weitgehender körperlicher Angleichung mit weiteren kosmetische Operationen bis hin zum unauffälligen Leben im Geburtsgeschlecht. Die Lebenswege sind so unterschiedlich wie sie Gründe, die dazu führen sie zu wählen.

  • Lass dich nicht von Theorien beeinflussen, die du gehört hast und vermute auch nicht, dass du die Erfahrungen anderer Transgender, von denen du eventuell gehört hast, auf die Person, die vor dir steht, übertragen kannst.
  • Die Vorstellung vom „Gefangensein in einem Männer- oder Frauenkörper“, der Glaube, dass Transfrauen hyperfeminin und Transmänner hypermaskulin sind, und die Erwartung, dass alle Transgender Hormone nehmen und geschlechtsan­gleichende Operationen wollen, sind Stereotype, die auf manche Leute passen und auf andere nicht. Richte dich nach dem, was die Person über sich selbst und ihre Person sagt und höre es dir vorurteilsfrei an.
  • Du solltest nicht davon ausgehen, dass sie so ist, weil sie früher mal ein traumatisches Erlebnis hatte oder weil sie ihrem Körper entfliehen möchte.
  • Nicht alle Transgender streben geschlechtsangleichende Operationen an. Es ist übrigens fast immer besser sie „geschlechtsangleichend“ zu nennen, als von einer „Änderung des Geschlechts“ zu sprechen. Du solltest nicht davon ausgehen, dass es bei Transgendern angemessener ist, nach Operationen, Hormonen usw zu fragen also bei irgendeiner anderen Person in gesundheitlichen Dingen. Darüber hinaus solltest du auch nicht annehmen, dass es nur den einen „richtigen“ Weg gibt, mit Transidentität umzugehen. Z.B. dass man „den Weg zu Ende gehen muss“ und Operationen braucht, damit man ein/e „echte Transgender“ ist.

6. Wahre das Geheimnis!

Vielen Transgendern ist es sehr wichtig, dass andere Menschen nichts von ihrer Biografie wissen. Sie möchten nicht, dass Personen, die sie neu kennenlernen einen Hinweis auf ihr früheres weibliches oder männliches Geschlecht bekommen.

Dieses Anliegen ist so wichtig, dass sogar der Gesetzgeber es in einem Paragraphen des TSG1) unterstützt hat. Vermutlich steht dahinter die nicht unrealistische Annahme, dass es für Transgender besser ist, wenn die Umwelt möglichst nicht weiß, welche Besonderheit die Frau oder Mann hat, mit dem sie es gerade zu tun haben. Transgender sind in viel höherem Maß von Arbeitslosigkeit, Mobbing und Hassverbrechen bedroht als andere Gesellschaftsgruppen.

Viele Transgender wünschen sich nichts sehnlicher, als endlich ganz unauffällig und normal der Mann oder die Frau sein zu können, die ihrer Identität entspricht.

  • Auch wenn die Person es dir nicht extra gesagt hat, handelt es sich um sehr private Informationen, die du vertraulich behandeln musst.
  • Mache sie nicht als Transgender bekannt, wenn du nicht die Erlaubnis dazu hast. Es ist eine schwierige Entscheidung, anderen Leuten davon zu erzählen, dass man Transgender ist. Das macht man nicht einfach so. Eine andere Person ohne Erlaubnis zu „outen“ ist eine schwere Verletzung des Vertrauens und kann das Ende eurer Beziehung bedeuten. Es kann auch je nach der Situation dazu führen, dass die Person Schaden erleidet oder sogar verletzt wird. Ob, wem, wann sie etwas sagen, müssen Transgender selbst entscheiden.
  • Achte auf das Umfeld. Solche Gespräche sind sehr persönlich. Du solltest nicht erwarten, dass das Trans-Thema auf einer Party, in der Schulklasse oder in einem lauten Büro diskutiert werden kann.

7. Informiere Dich!

  • Bei allgemeinen Fragen, solltest du erst mal „googeln“. Es gibt eine Menge Informationen über Transgender im Internet.
  • In den sozialen Medien und an vielen anderen Stellen im Netz gibt es Gruppen von Transgendern. Gehe hin und mach dich mit ihnen vertraut.
  • Mach weiter mit dem, was du jetzt gerade tust. Informationen können helfen! Das ist ein zentraler Aspekt bei der Unterstützung deiner/s Transgender-Freundes/in. Dich zu informieren kann wichtig sein.

8. Unmöglich

Abschließend noch ein paar Sachen, die überhaupt nicht gehen.

  • Unterscheide nicht zwischen Transgendern und „richtigen“ Männern oder Frauen.
  • Sage niemals, dass ‚Transgender „eigentlich“ doch ein anderes Geschlecht haben. Damit unterliegst du der Täuschung des Körpers und machst Transgender zu Geisteskranken, die nicht wissen, wer sie sind.
  • Frage die Person niemals nach ihrem „richtigen Namen“. Der Name, den die Person benutzt haben möchte, ist der richtige!
  • Bringe die Person nicht öffentlich in Verlegenheit. Dazu gehört insbesondere, dass du sie nicht laut mit einem Namen rufst, der nicht zu ihrer aktuellen sozialen Rolle passt.
  • Sage niemals zu Transgendern, dass andere Leute sie niemals verstehen oder gar lieben können. Selbst dann nicht, wenn du selbst davon überzeugt bist. Das ist nicht nur sehr verletzend, es ist auch falsch. Viele Transgender werden verstanden, akzeptiert und geliebt.

Twitterversion

Respektiere die Geschlechtsrolle, die eine Person für sich reklamiert.

Querbezüge


Fußnoten

1) § 5 TSG: Offenbarungsverbot
(1) Ist die Entscheidung, durch welche die Vornamen des Antragstellers geändert werden, rechtskräftig, so dürfen die zur Zeit der Entscheidung geführten Vornamen ohne Zustimmung des Antragstellers nicht offenbart oder ausgeforscht werden, es sei denn, dass besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.

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