Wieso eigentlich?
Das Faktum ist feststehend: Trannies mögen keine Hosen. Es ist für uns geradezu ein Synonym für Freiheit, einen Rock oder ein Kleid tragen zu können.
Aber wieso eigentlich?
Es ist ja nicht so, dass die Begeisterung für Röcke von allen geteilt würde. Speziell die Sicht von (biologischen) Frauen ist eine andere. Die sind froh, dass ihnen die heutige Zeit die Wahlfreiheit lässt und sie nicht mehr zwingt, Röcke zu tragen. Sie nehmen die Begeisterung, die Transen für Röcke empfinden, teils mit Verwunderung, teils mit Erstaunen zur Kenntnis.
Umgekehrt fällt es der durchschnittlichen Trannie schwer, nicht nachdrücklich zu beklagen, dass Frauen sich heutzutage kaum noch in Röcken sehen lassen.
Woher stammt aber diese besondere Begeisterung? Aus welchen Quellen speist sie sich?
Als ich über diese Frage nachdachte, bemerkte ich, dass die Antworten verblüffend vielschichtig sind.
Bequemlichkeit
Die erste Antwort, die man von einer Trannie bekommt ist häufig „Weil sie so schön bequem sind!“
Den weiteren Sinn von „praktisch“ können wir wohl außen vor lassen. Eventuell mögen Röcke im einen oder anderen Aspekt praktischer sein als Hosen, doch das ist sicher nicht der Grund, weshalb eine Trannie sie gerne trägt … höchstens ein vorgeschobener.
Wenn man also den Begriff der Bequemlichkeit näher hinterfragt, kommt man schnell auf das angenehme Tragegefühl, das Röcke angeblich im Vergleich zu Hosen vermitteln. „Luftig“, „nicht beengend“, „Stoff der um die Beine schwingt“ usw. usf. sind gebräuchliche Beschreibungen.
Die kritische Frage ist: merkt man das überhaupt auf Dauer? Bzw ist es für das Gefühl in der Öffentlichkeit relevant?
Wenn die geborenen Frauen das von uns Transgendern behauptete, tolle Tragegefühl teilen bzw. wertschätzen würden, würden sie dann nicht ebenfalls immer Röcke tragen? Zumindest aber immer dann, wenn nicht aus anderen Gründen Hosen opportun wären? Wohl schon. Aber sie tun es nicht! Die angebliche Bequemlichkeit von Röcken scheint eine spezifische Trannie-Erfahrung zu sein.
Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass ich spätestens nach einer Stunde, eher schon früher, von einem Rock kein besonders wohliges Tragegefühl mehr vermittelt bekomme. Es ist halt ein Kleidungsstück. Abhängig von der Länge und von dem Vorhandensein und dem Material einer Strumpfhose variiert das Tragegefühl schon etwas, aber es ist in keinem Fall etwas, dass meine Aufmerksamkeit dauerhaft in Beschlag nehmen oder mir gar dauerhafte Freude vermitteln würde.
Wenn ich ehrlich bin, dann ist das einzige was sich eventuell nach einiger Zeit bemerkbar macht, die Strumpfhose. Und dann meist nicht in angenehmer Weise. Die Dinger haben eine Neigung, entweder zu dick oder zu dünn für die jeweilige Umgebung zu sein und sich eher durch kratzen und scheuern als durch angenehme Gefühle spürbar zu machen. Eine gute Strumpfhose ist eine, die gut aussieht und einen nicht nervt! Aber das ist ein anderes Thema, hier geht es um Röcke.
Burnus, Kimono und so
Wenn wirklich nur der Aspekt der Bequemlichkeit eine Rolle spielen würde und es nicht um mehr ginge, dann wären wir doch mit einem Kilt, Burnus oder Kimono ebenso glücklich. All diese Kleidungsstücke bieten die Bequemlichkeit, die Röcke bieten, ebenfalls: Die Beine stecken nicht separat in einer Röhre, sondern werden von Stoff (zumindest bei Kimonos tendenziell auch gutem Stoff!) von außen umschmeichelt. Wir könnten sie tragen und würden zwar exotisch wirken, aber nicht weiblich.
Doch wir tragen weder Kimonos noch ist es uns daheim wichtig, einen schönen Bade- oder noch besser Morgenmantel zu tragen (ebenfalls Kleidungsstücke, die an Bequemlichkeit nichts missen lassen).
Selbst wenn also das Bequemlichkeitsargument etwas für sich hat, die ganze Wahrheit kann es nicht sein.
Ästhetik
„Kleider machen Leute.““
Quintilian
„Röcke sind eben schön!“
Stimmt, aber wenn man den ästhetischen Genuss, den ein Rock auch meiner Meinung nach bietet, genießen will, ist es eher kontraproduktiv, ihn selber anzuhaben.
Etwas anders mag es sein, wenn man die Frage ins Zentrum stellt, wie man sich selbst am schönsten findet. Da sind Röcke natürlich ideale Mittel, um z.B. eigene körperliche Vorzüge ins Licht zu rücken.
Unter langen Hosen z.B. kann man schöne Beine nur dann zur Geltung bringen, wenn diese (also die Hosen) extrem eng sitzen. Und dann sitzen Hosen auch im Unterleibsbereich entsprechend eng und betonen Körperteile, deren Existenz unsereine lieber vertuschen würde.
Insofern haben Röcke ästhetisch sogar eine Doppelfunktion.
Da Röcke meist eine Länge haben, die den Blick auf die Beine ermöglicht, können wir einen unserer (immerhin vorhandenen) Pluspunkte ausspielen. Denn wenn es überhaupt etwas gibt, um das wir von Frauen beneidet werden, dann sind es häufig die Beine: Lang und schlank und ohne Orangenhaut können selbst diejenigen von uns, die ansonsten ein kleines Gewichts- und Figurproblem haben, mit schönen Beinen punkten. Röcke erlauben uns, zu zeigen, was wir haben: nämlich häufig (Frauen)neiderregend schöne Beine.
Der zweite Vorteil ist, dass sie die Hüftpartie je nach Schnitt etwas üppiger erscheinen lassen, als sie tatsächlich ist. Das funktioniert besonders gut, wenn der Rock weit schwingend geschnitten ist.
Symbolik
„Das Äußere lässt auf das Innere schließen.“
Walther von der Vogelweide
Ein Rock ist mehr als einfach nur ein Kleidungsstück!
Röcke und Kleider symbolisieren in besonderer Weise Weiblichkeit, weil sie durch unsere Bekleidungssitten allein den Frauen vorbehalten sind. Für unsere Gesellschaft würde ich behaupten, dass der Rock oder das Kleid das wichtigste Symbol der Weiblichkeit ist. Ja, noch vor dem Busen!
Die Gleichung Rock=Frau erscheint simpel, aber zumindest wenn ich mir die Icons in unserer Umwelt anschaue, dann funktioniert es so.
Piktogramme sind besonders aussagefähig, weil jedes Piktogramm wurde so gestaltet, dass die Zahl der dargestellten Elemente auf das erforderliche Minimum reduziert und Wiedererkennbarkeit der zu übermittelnden Information optimiert ist. Was auf einem Piktogramm erscheint ist folglich relevant!
Das AIGA „American Institute of Graphic Arts“ hat Piktogramme für Flughäfen entwickelt, die international Verwendung finden.
Die AIGA-Designer haben es sogar fertig gebracht die tendenziell schmaleren Schultern von Frauen im Bild unterzubringen. Doch ich glaube, das wurde nur deshalb gemacht, weil sonst die wegen des stilisierten Kleides abstehenden Arme bei im Vergleich zum Männerpiktogramm unveränderter Schulterbreite die Frau einfach zu „fett“ hätten wirken lassen.
Das angebliche Weiblichkeitssymbol, die Brüste nämlich, sucht man in der Welt der Piktogramme übrigens ebenso vergeblich wie lange Haare.
Nein, die Piktogramm-Designer und -Verwender haben sich entschieden: Frauen sehen genau so aus wie Männer und unterscheiden sich von diesen nur durch den Rock bzw. das Kleid.
Ich könnte jetzt Dutzende von Beispielen aus modernen, abstrakten Bildwelten hier vorführen, doch ich beschränke mich auf einige Beispiele:
Der Rock ist also zu einem zentralen Symbol für Weiblichkeit geworden. Das nutzen wir natürlich gerne aus.
Der Rock symbolisiert den Menschen, die uns wahrnehmen, dass da eine Frau oder zumindest jemand kommt, der für eine gehalten werden will.
Er ist aber (und das schätze ich fast als wichtiger ein) auch eine Botschaft an uns selbst!
Da ich etwas trage, was Männern „verboten“ ist, bekenne ich mich damit symbolisch zur Weiblichkeit. Der Rock oder das Kleid zeigt uns, dass wir gerade nicht Mann sein müssen, sondern uns auf der anderen Seite der imaginären Geschlechtergrenze aufhalten.
Vielleicht liegt in der starken symbolischen Befrachtung des Rocks auch der Grund, warum sich der sog. „Männerrock“ einfach nicht durchsetzen will. Richtige Männer meiden alles, was den Anschein erweckt, weiblich zu sein (Siehe Gendercodes). Und ein Rock braucht kein zusätzliches Kennzeichen, um weiblich zu wirken. Er ist per se ein Symbol der Weiblichkeit.
Unsicherheit
„An den Federn erkennt man den Vogel.“
Sprichwort
Speziell Transgender, die wie ich als Frau in der Öffentlichkeit unterwegs sind, machen sich über ihr Aussehen in der Öffentlichkeit meist große Gedanken.
Und so spielt bei der Bekleidungswahl und der häufigen Entscheidung für Röcke, der eben genannte symbolische Aspekt eine große Rolle: Mit einem Rock stellen wir eindeutig klar, wer bzw was wir sein wollen! Wer in der Öffentlichkeit ergänzend zu einem auch ansonsten femininen Styling einen Rock trägt, der kann kein Mann sein! Zumindest ist die Botschaft klar, das er es nicht sein will!
Bei Licht besehen ist das zwar Blödsinn, denn ein Wildschwein wird selbst dann niemand für einen Hirsch halten, wenn man ihm ein Geweih aufmontiert, aber wer agiert schon vollkommen logisch.
Logisch wäre es, die Kleidung in weiblicher Version genau so zu wählen, wie sie die anderen Frauen in dieser Situation wählen (Siehe dazu Artikel Weibliche Kleidung). Das wäre am unauffälligsten. Logisch wäre ebenfalls, sich so zu stylen, dass man in beliebiger Kleidung für eine Frau gehalten wird.
Tja, aber genau das ist unser Problem. Die meisten von uns sind von der Natur nicht so bevorzugt, dass sie von Körperbau und Gesichtsform her mit nur ein wenig Styling eine unauffällige Frau sein können. Während eine Frau schon aktiv etwas dafür tun müsste, um in beliebiger Bekleidung nicht als Frau erkannt zu werden, gilt das für uns nicht. Wir müssen Signale setzen, die der Umwelt möglichst unmissverständlich mitteilen „Achtung, hier kommt kein Mann, sondern eine Frau!“ Und ein solches Signal ist nun mal ein Rock.
Alleine reicht dieses Signal natürlich nicht aus. Niemand wird einen Mann im Schottenrock (ich weiß, dass ein Kilt kein Rock ist, aber er sieht nun mal genau so aus!) nur wegen dieses Kleidungsstückes für eine Frau halten. Ebenso wenig wie man eine Frau bloß wegen einer Hose für einen Mann halten würde. Das wäre selbst vor 100 Jahren, als Hosen noch für Frauen Tabu waren, nicht passiert.
Eine Schwalbe macht nun mal noch keinen Sommer. Das Gesamtpaket muss stimmen.
Ein Rock ist ein wichtiges Signal der Weiblichkeit und tut mit anderen, gleichgerichteten Signalen gemeinsam seine Wirkung (wie genau das funktioniert, habe ich im Kugelartikel beschrieben). Jedenfalls wünschen wir uns das so. Und weil wir uns das so denken, funktioniert es wohl auch.
Jedenfalls hilft es uns bzw. mir, die ständige Unsicherheit, als was ich denn in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde, ein wenig ruhiger zu sehen.
Resümee
Für genetische Frauen, die nun mal nicht wie wir auf den symbolischen Zusatznutzen von Röcken angewiesen sind, ist ein Rock wahrscheinlich nichts weiter als ein mehr oder weniger praktisches und bequemes Kleidungsstück.
Doch für uns, die wir uns Weiblichkeit ersehnen und immer in der Angst leben, dass andere viel mehr Mann in uns sehen, als wir das wollen, ist der Rock etwas wichtiges und besonderes.
Nichts ermöglicht so schnell, leicht und gründlich die eigene Weiblichkeit für sich und die Umwelt zu dokumentieren, wie ein Rock oder ein Kleid.
„Die Kleider der Frau sind der Preis für des Mannes Frieden“
Bantu-Sprichwort
Die Bantu haben es wahrscheinlich irgendwie chauvinistisch gemeint, aber ich finde, der Spruch hat für Transgender etwas sehr Wahres.
© Jula 2007